Griechenland: Aphrodite zwischen Ganzkörperstrumpfhosen und Lotusblume

Die Message des griechischen Songs ist es sich selbst zu lieben. Man braucht diese Selbstliebe um ein erfolgreiches und erfülltes Leben zu haben. Man braucht diese Selbstliebe um anderen Menschen Liebe geben zu können. Im Preview Video ist das perfekt umgesetzt. Die Frauen tragen Ganzkörperstrumpfhosen, was nicht gerade schön aussieht. Auch das Make-Up ist darauf getrimmt ein ungünstiges Aussehen hervorzurufen. Genau das lieben die Frauen in dem Video an sich. Sie lieben sich selbst, mit allem was dazu gehört, alle unschönen Seiten des Selbst, alle Hässlichkeit, alle Narben, alle Fehler. Genau dazu möchte Katerine auch ihre Zuhörer bringen. Doch jeder zweifelte daran, dass Griechenland dieses Preview Video auf die ESC-Bühne bringen kann.

Griechenland hat alle überrascht. Auf der Bühne sind fünf Tänzerinnen in den Outfits aus dem Preview Video. Drei von ihnen tragen über die Strumpfhose gelben Tüll. Gelb ist eine Farbe die Menschen unsympathisch wirken lässt. Das hat sich die Delegation hier zu Nutze gemacht. Die Tänzerinnen wirken hässlich und unsympathisch, gleichzeitig aber schön, weil sie sich selbst lieben. Außerdem erinnern ihre Outfits an Küken, die gerade aus dem Ei geschlüpft sind, doch dazu später mehr. Die anderen beiden Tänzerinnen tragen das was man unter der Fechtausrüstung anzieht. Auch das sieht alles andere als schön, oder weiblich aus, doch sie tragen es mit stolz und lieben es, wodurch sie schön wirken. Das Fechten symbolisiert den Kampf dahin sich selbst zu lieben, so wie man ist.

Katerines Outfit ist nach Aphrodite designt. Sie ist die griechische Götting der Liebe, Schönheit und sinnlichen Begierde. Katerine ist die Göttin die uns auf den Weg zur Selbstliebe bringen möchte. Das große Bühnenbild symbolisiert vieles, unter anderem ein Ei. Wir kommen alle ursprünglich aus einem Ei (Eizelle). Es steht für den Beginn des Lebens, wie auch die Küken und die leuchtenden Bälle, die durch die Luft schweben. Aus dem Ei blüht im Laufe des Songs eine Lotusblume auf der LED-Wand auf. Die Lotusblume steht im Hinduismus und Buddhismus für viele Dinge, vor allem aber für das Erreichen des Nirwana, also seine Seele in eine transzendente Welt zu bringen. Gewisser Weise symbolisiert sie damit auch den Tod, das Ende des Lebens. Was sich vor dem Ei und der Lotusblüte, also vor der Geburt und dem Tod, auf der Bühne abspielt, ist das Leben. Im Leben geht es darum sich selbst zu lieben. Das ist es worauf es ankommt, so die Botschaft des Songs, die hiermit vermittelt wird.

Es gibt noch viel mehr "hidden Meanings" in diesem Staging. Das hier ist nur ein ganz kleiner Teil davon. Ich kann nicht alle erläutern und die meisten habe ich bestimmt auch gar nicht entdeckt. Wofür alles was es auf der Bühne zu sehen gibt, was dort geschieht, steht, ist hochklassig durchdacht. Bei diesem Staging ist kein einziges Detail unüberlegt. Ich möchte es mit dem Musikvideo von Katy Perrys "Chained to the Rhythm" vergleichen. Auch dort hat man nach 1.000 Stunden Analyse des Videos immer noch nicht alles entdeckt, was uns die Künstlerin sagen möchte.

Viele sehen schon jetzt Griechenland entschieden als das beste Staging  des Jahres an, ohne überhaupt die anderen zu kennen. Was niemand für möglich gehalten hätte, wird besser umgesetzt, als es jemals erträumt wurde. Ich erwarte dass Griechenland bei den Buchmachern nun durch die Decke steigt. Ein kleines bisschen Kritik gibt es trotzdem. Der Part, bei dem Katerine sich mit dem Rücken zur Kamera dreht, ist random, irritierend und überflüssig. Der anscheinend gewünschte Effekt, was auch immer der sein sollte, kommt nicht rüber. Außerdem sei der Moment wenn die Tänzerinnen auf dem Boden liegen ernüchternd. Jammern auf hohem Niveau. Seit langer Zeit gab es kein gutes Staging von Griechenland mehr. Jetzt haben sie alle vom Hocker gehauen.