Sonntag, 4. Mai 2025

ESC 2014-2024 (26/45): Deutschland

 Mein Land, Deutschland, belegt in meinem 10-Jahres-Ranking "nur" Platz 20. Es gibt viele Gründe warum man beim ESC nicht über sein eigenes Land abstimmt. Ein Grund davon ist, dass es schwierig ist, den Beitrag seines eigenen Landes mit denen der anderen Länder in einen fairen Vergleich zu setzen. Dadurch, dass es das eigene Land ist, sind die Emotionen zu diesem Beitrag intensiver. Deshalb bin ich mir selber immer unsicher, wie ich Deutschland in meinem Ranking einordnen soll. Letztlich gehe ich nach meinem Gefühl und ich glaube dass ich Deutschland deshalb besser bewerte, als ich es tun würde, wenn ich nicht aus Deutschland stammen würde. Angesichts dessen ist der 20. Platz ein eher schlechtes Ergebnis. Aber Deutschland hat in den letzten 10 Jahren sieben mal den letzten oder vorletzten Platz als automatischer Finalist im Finale belegt. Wenn ich Deutschland schlecht bewerte, liege ich damit vielleicht einfach nur im europäischen Trend und es könnte an der tatsächlichen Qualität der Beiträge liegen.

Der 20. Platz setzt sich zusammen aus dem 14. Platz in der Wertung der Durchschnittsplatzierung pro Teilnahme der 45 Länder, dem 10. Platz in der Wertung der Durchschnittsplatzierung pro Jahr (inklusive Nichtteilnahmen) der 45 Länder, und dem 38. Platz in der Punktewertung für Top 10 Platzierungen der einzelnen Jahrgänge. Dabei kommt Deutschland mit einem 9. und einem 10. Platz nur auf drei Punkte. Deutschland habe ich in fünf von 10 Fällen auf den Plätzen 9-16. Vielleicht ist es auch so, dass ich Deutschland nicht auf eine höhere Top 10 Platzierung setzen möchte, auch wenn ich den Beitrag eigentlich entsprechend doll mag, denn wie anfangs erwähnt, ist es schwierig das eigene Land fair zu bewerten. Die fehlenden absoluten Top-Platzierungen machen das Ergebnis der sonst starken Durchschnittsplatzierungen kaputt. Denn auch wenn Deutschland wahrlich nicht erfolgreich ist, und es viele berechtigte Gründe gibt, Kritik an der deutschen Vorauswahl der letzten 10 Jahre auszuüben, finde ich die deutschen Beiträge beim ESC wirklich stark und teile die Kritik an den deutschen Beiträgen meistens nicht.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 20. (14./10./38.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 9. (2018)

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 29. (2017)

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 4. mit 340 Punkten 2018

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 27. mit 0 Punkten 2015

Die deutschen Beiträge sind in ihrer Gunst bei mir ganz eng beieinander, viele davon quasi gleichauf. Sich für ein Ranking zu entscheiden war schwierig und eine solche Differenzierung wird des Beiträgen nicht unbedingt gerecht. Eine kleine Lücke zum ersten Platz gibt es aber trotzdem. Der geht an die einzige Top 10 Platzierung Deutschlands in diesem Zeitraum. Immer wieder denke ich, dass das doch einfach nur ein normales, nettes und trauriges Lied ist, doch wenn ich mir dann wieder den Auftritt anschaue, erinnere ich mich wieder was diesen Beitrag so erfolgreich gemacht hat. Insbesondere die Details in der Komposition lassen das Lied stark wirken. Am endtscheidendsten aber: Michael Schulte hat mit dieser Inszenierung und dieser persönlichen Performance einen dieser magischen Momente beim ESC geschaffen, der 200 Millionen Menschen gleichzeitig emotional berührt. Das ist etwas, das nur der ESC schaffen kann und das auch dort nicht leicht zu erreichen ist. Michael Schulte hat es gemeistert, sich damit den 4. Platz beim ESC, und meinen Preis als besten deutschen Beitrag beim ESC 2014-2024 verdient.


2019 dürfte das Jahr sein, für das es am meisten Kritik am deutschen Vorentscheid und deutschen ESC-Beitrag gibt. Vieles der Kritik am Vorentscheid ist berechtigt, aber die am ESC-Beitrag kann ich kaum verstehen. Es ist eine wundervolle Komposition mit so vielen Elementen, die das Hörerlebnis besonders macht. Darunter auch die wiederkehrende Melodie der Spieluhr, die ich genauso stark finde, wie die Flöten-Melodie im ESC-Siegertitel von 2013 "Only Teardrops" aus Dänemark. Beide Songelemente stammen vom selben Komponisten. Die Übergänge im Lied und die Harmonien, die Intensität der Performance, die die Komposition den Sängerinnen ermöglicht, all das macht das Lied überaus mitreißend und berührend für mich. Ich habe schon oft darüber geweint. Hinzu kommt die Sängerin Laurita Spinelli als Teil des Duos S!sters. Sie ist meiner Meinung nach die beste Backgroundsängerin, die Lena Meyer-Landrut mit auf ihre Konzerte genommen hat, wo ich magische Momente mit ihr geteilt habe. Die beiden Sängerinnen sind tolle Musikkünstlerinnen und verbessern den Beitrag dadurch weiter. "Sister" wird für mich über die Jahre auch immer besser und besser.

Genauso emotional mitreißend und zu Tränen rührend ist für mich "Rockstars" von Malik Harris. Bereits in seiner Studio Version und dem Musikvideo. Alles wirkt wie aus den US-Amerikanischen Top-Charts. Auch hier brillieren die Übergänge, die das Lied besonders mitreißend und immer intensiver werden lassen. Die private und schutzlose Inszenierung auf der ESC-Bühne mit Maliks persönlichen Möbeln, auf denen das Lied und dessen besungenen Erinnerungen entstanden sind, macht es für mich noch mal um einiges besser. Die Message der vergehenden schönen Momente und Zeiten, und dass wir sie genießen, die richtigen Entscheidungen treffen sollten, solange wir es noch können, sollten sich viel mehr Menschen verinnerlichen. Es ist eine wichtige Message zum Nachdenken die da Europa präsentiert wurde. Umso überraschender und enttäuschender ist der letzte Platz im Finale für mich.

Die Performance von "I don't feel Hate" hat so viele Elemente die mich unendlich glücklich machen. Es steckt so viel Herzblut, Liebe zu vielem und so viel Freude in diesem ESC-Beitrag. Die vielen Nörgler, die den Auftritt peinlich oder was auch immer finden kann ich nicht verstehen. Es gibt nichts Negatives an diesem Beitrag und genau darum geht es in ihm. Es wundert mich, dass gerade ein Lied das einfach nur fröhlich zeigt wie man ohne "Hate" leben kann, besonders viel "Hate" auslöst. Durch Jendrik habe ich außerdem angefangen Ukulele zu spielen. Seine Musik höre ich immernoch regelmäßig und erfreue mich daran. Er zeigt auch nach seiner Teilnahme seine Passion für den ESC und ist ein toller Mensch. Ein rundum toller ESC-Beitrag! Warum ich ihn im Wettbewerb nur auf Platz 21 gesetzt habe, verstehe ich nicht.

"Blood and Glitter" habe ich vor dem ESC 2023 als den deutschen Befreiungsschlag und auch persönlich vielleicht besten ESC-Beitrag empfunden. Das ernüchternde Ergebnis vom letzten Platz hat sicherlich dazu beigetragen, aber auch das Lied an sich ist eines, das bei häufigem Hören irgendwann einfach nicht mehr so kickt wie es bei anderen Liedern der Fall ist. Deshalb hat der Beitrag seit dem ESC bei mir an Gunst ein kleines bisschen verloren. Ich bin aber stolz darauf, dass mein Land mit so einer Message beim ESC vertreten wurde. Ich glaube, die vielen Leute, die den Text kritisieren verstehen ihn nicht. Die Message, das gesamte Auftreten der Band, auch auf der ESC-Bühne und die wundervollen Menschen dieser Band bringen mir ab und an immernoch Gänsehaut.

"Ghost" ist ein Beitrag der für mich mehr von seiner optischen Ästhetik und dem Sound der Sängerin, als vom Song selber lebt. Ich liebe den Style den Jamie-Lee Kriewitz der Welt präsentiert hat. Endlich mal jemand, der nicht etwas langweiliges und schon oft gesehenes macht - und dann sieht es auch noch so gut aus! Die deutsche Delegation war damals besonders glücklich wie der Auftritt letztlich geworden ist und das kann ich vollständig nachvollziehen! Die Atmosphäre ist mit den Laser strahlenen Bäumen, dem Mond, der Dunkelheit, selbst mit den schlichten Outfits der Backgroundsänger*innen fantastisch! Das Lied an sich ist auch gut, es ist halt nur nichts besonderes, was das Problem des Beitrags war. Ich habe mich richtig erschrocken, als ich bei der Erstellung dieses Posts gesehen habe, dass ich 2016 nur Platz 22 dafür übrig hatte. Ich hätte geschätzt den Beitrag etwa auf Platz 9 gesetzt zu haben.

Auch "Always on the Run" ist für mich nicht nah an deutschlands Top-Beitrag dran. Die unglaublich kraftvolle Stimme von Isaak, bildet gemeinsam mit der energetischen Inszenierung und dem intensiven Song eine Harmonie die genial gut funktioniert. Das wurde mit Platz 12 beim ESC belohnt. Und dennoch, wenn ich mir einen deutschen Beitrag aussuchen könnte, der anstatt des letzten/vorletzten Platzes, Platz 12 belegt, hätte ich andere Beiträge lieber gewählt. Angesichts dessen, dass all die anderen Sachen so schlecht funktioniert haben, frage ich mich, warum ausgerechnet dieser deutsche Beitrag erfolgreich war. Das bedeutet aber nicht, dass ich mich weniger über diesen Erfolg freue!

"Black Smoke" und "Is it right" sind schöne, nette ESC-Beiträge. Das reicht aber leider nicht für ein wirklich gutes Ergebnis. 2017 ist das Jahr an dem ich am meisten Kritik gegenüber dem deutschen Vorentscheid und ESC-Beitrag ausübe. Levina hat ihren Job beim ESC gut gemacht! Leider hat man ihr ein gar nicht so gutes Lied und ein Staging gegeben, das für mich zum Haareraufen ist. Der Opening Shot hat allerdings einen positiven Sonderpreis verdient.

Es gab in den letzten 10 Jahren schönere "Heimat"länder als ESC-Fan mit mehr zum Freuen und jubeln als Deutschland. Es ist nicht immer leicht ESC-Fan aus Deutschland zu sein. "Wir werden doch eh immer Letzter" habe ich schon zu oft gehört. Vor ein paar Jahren habe ich noch selbstbewusst dagegen verteidigt, aber sieben mal letzter oder vorletzter Platz im Finale in den letzten neun ESC-Ausgaben ist ein niederschmetterndes Gesamtresultat. Umso dankbarer bin ich um den Lichtblick des 4. Platzes von Michael Schulte, der zeigt, dass auch für Deutschland alles möglich ist. Ich frage mich auch warum Deutschland zuletzt so schlecht geworden ist. Bevor ich Hardcore-ESC-Fan wurde waren die deutschen Ergebnisse besser. Es gibt an den deutschen Vorentscheiden viel zu kritisieren, aber einiges läuft auch gut und der NDR versucht ja ernsthaft gute Ergebnisse zu erzielen. Vielleicht ändert sich strukturell etwas, wenn 2026 der SWR den ESC vom NDR übernimmt. Vielleicht auch nicht, aber "Hope never dies" und auch deshalb liebe ich den ESC. Jedes Jahr darf jedes Land aufs Neue darauf hoffen den ESC zu gewinnen. Auch Deutschland.



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