Samstag, 23. Dezember 2017

Heute: erster Song für ESC 2018!

Es ist so weit! Heute ist der 23. Dezember, was bedeutet dass heute Abend, in den meisten Teilen Europas aber erst nach Mitternacht, also an Heiligabend, der erste Song für den 63. Eurovision Song Contest 2018 All Aboard! in Lissabon ausgewählt wird! Dieser wird noch einmal um komponiert, da er nicht der 3 Minuten-Regelung entspricht. Wahrscheinlich wird er dabei auch musikalisch stark erneuert und auf Englisch übersetzt. Aber trotzdem bekommen wir heute Nacht das erste Lied bei dem wir wissen, dass es so ähnlich auch auf der ESC-Bühne gesungen wird und somit beginnt auch mehr oder weniger die Zeit in der wir die Songs vom kommenden ESC hören können, auch wenn der nächste Song voraussichtlich erst am 3. Februar in Malta ausgewählt wird. Bleiben wir aber mal bei Albanien; diese 14 Songs wurden von der Jury gestern Abend ins Finale genommen, wobei acht davon aus dem 1. und 6 aus dem 2. Halbfinale stammen:

01. E dua botën - Artemisa Mithi

02. Sytë e shpirit - Bojken Lako
03. Zemër ku je - Denisa Gjezo
04. Fjalët - Elton Deda
05. Mall - Eugent Bushpepa
06. Tjetër jetë - Grupi Na & Festina Mejzini
07. Piedastal - Inet Neziri
08. I njejti ciell - Manjola Nallbani
09. Unë - Mariza Ikonomi
10. Ngrije zërin - Orgesa Zaimi
11. Ekzistoj - Redon Makashi
12. Ra nje yll - Rezarta Smaja & Luiz Ejlli
13. Orë e ndaluar - Tahir Gjoci
14. Voltan Prodani - E pamundur

Anders als in der Vergangenheit trifft dieses mal die Jury allein die Entscheidung darüber wer das 56. Festivali i Këngës gewinnt und für Albanien zum ESC fährt. Letztes mal hatte wenigstens ein Demoskopisches Voting mit wenigen zuvor ausgewählten Zuschauern Einfluss auf das Scoreboard. Außerdem gab es ein Televoting das 1/14 des Ergebnisses ausmachte. Natürlich ein nichtiger Wert, aber eine Einführung dafür das albanische Publikum über ihr Schicksal entscheiden zu lassen. Leider rudert man bei RTSH nun wieder in die andere Richtung. Über den Livestream von RTSH 1, oder RTSH Muzikë kann man das Finale vom albanischen Vorentscheid weltweit ab 20:45 Uhr (CET)verfolgen. Sehr wahrscheinlich ist zudem, dass dieses ebenfalls auf YouTube im Livestream mit deutlich besserer Qualität gezeigt wird.

Ich möchte Heiligabend anders verbringen als an diesem Blog zu schreiben. Entsprechend wird es das Ergebnis aus Albanien erst am 1. oder 2. Weihnachtstag geben. Dann folgen auch alle anderen Nachträge der Ereignisse vom Dezember. Ich gehe davon aus, dass keiner darum trauern wird, wenn ich das Projekt Adventskalender nun nicht mehr zu Ende führe. An dieser Stelle möchte ich nun endlich auch Serbien, Indonesien, Israel und mein Lieblingsland Japan ganz herzlich auf Eurovision Passion begrüßen. Jedem Leser wünsche ich ein wunderschön zauberhaftes Weihnachtsfest!

Freitag, 22. Dezember 2017

Zweites Halbfinale vom 56. Festivali i Kenges

Nachdem gestern Abend die ersten 11 Vorentscheidungssongs dieser ESC-Saison im Fernsehen ausgestrahlt wurden, folgt heute das zweite Halbfinale vom Festivali i Këngës in Albanien. Nachdem die heutige Show unnötig in die Länge gezogen wird und man sich endlich dazu entschließen kann die Show zum Ende zu bringen, werden die Finalisten aus BEIDEN Halbfinals bekannt gegeben. Heute Abend scheiden also die ersten Vorentscheidungssongs der Saison (die es bis ins Fernsehen geschafft haben) aus. Morgen, am 23. Dezember wird dann aus den Verbliebenen der Song für Albanien beim ESC 2018 ausgewählt. Die heutigen 11 Halbfinalisten sind Folgende:

Ngrije zërin - Orgesa Zaimi
Zemër ku je - Denisa Gjezo
Tjetër jetë - Grupi Na & Festina Mejzini
Pritën edhe pak - Lorela Sejdini
E dua botën - Artemisa Mithi
Bum bum - Ergi Bregu
Divorci - Akullthvesit
Përjetë - Xhesika Polo
Piedastal - Inet Neziri
Orë e ndaluar - Tahir Gjoci
Vonë - Lynx

Natürlich kann man auch das 2. Halbfinale über den Livestream von RTSH sehen. Ebenfalls könnte aufgrund der schwachen Qualität vom Livestream eine Übertragung auf YouTube möglich sein. Weiterhin kann man sich hier die 22 Songs vom Festival anhören, um vorab eine Rangliste aufzustellen, oder sich die eher mäßig unterhaltende Sendung sparen zu können. Ich wünsche auch beim 2. Halbfinale allen Lesern einen passionierten Abend mit traditionell-klassischer Musik.

Donnerstag, 21. Dezember 2017

Heute: Eröffnung der Vorentscheidungssaison 2018!

Endlich ist es so weit! Ich darf den Aufruf zur aller ersten Vorentscheidungssendung schreiben, bei der nicht nur über Kandidaten, sondern auch das wichtigste beim Song Contest, den Song, entschieden wird. Heute Abend, um 20:45 Uhr (CET) beginnt das 1. Halbfinale vom 56. Festivali i Këngës, dem albanischen Vorentscheid zum 63. Eurovision Song Contest 2018 All Aboard! in Lissabon. Bei dem Festival werden wir 11 der 22 Songs im diesjährigen Vorentscheid von Albanien vorgetragen bekommen. Daraufhin entscheidet eine Jury wer ins Finale kommt. Das Ergebnis wird jedoch erst morgen, am Ende des 2. Halbfinals bekannt gegeben. Das Finale findet dann am 23. Dezember statt. Da es ein Festival und keine Show ist, würde ich Neulingen in der ESC-Welt dringendst empfehlen nicht diese Sendung als erste Vorentscheidungssendung zu sehen! Das Festivali i Këngës ist mit anderen Vorentscheiden nicht vergleichbar und würde den meisten Neueinsteigern die Lust nehmen weitere Vorentscheide zu sehen. Selbst ich bin mir noch nicht sicher, ob ich überhaupt das Finale sehen möchte. Wer schon einige Vorentscheide aus dem Ausland auf seiner done-Liste stehen hat, kann sich über diesen Livestream von RTSH die Sendung ansehen. Empfehlenswerter ist es, sich einfach alle Songs der Reihe nach auf dem offiziellen YouTube-Kanal anzuhören, da man in Albanien Wege gefunden hat, eine Sendung mit 11 Songs auf einige Stunden Sendezeit auszudehnen... Außerdem ist der Livestream erfahrungsgemäß in seiner Qualität ungenügend. Mit etwas Glück kann man ab Beginn der Show auf YouTube einen besseren, privat gestellten Livestream finden. Folgende 11 Songs treten im 1. Halbfinale an:

Fjalët - Elton Deda
Unë - Mariza Ikonomi
Mesazh - Endri & Stefi Prifti
Gjurmët - Evans Rama
Të pandarë - Genc & David
Pse të desha - Voltan Prodani
Mall - Eugent Bushpepa
Ra nje yll - Rezarta Smaja & Luiz Ejlli
Sytë e shpirit - Bojken Lako
I njejti ciell - Manjola Nallbani
Ekzistoj - Redon Makashi

Nun habe ich noch einen kleinen Trailer für das Festival und wünsche allen Zuschauern einen schönen, hoffentlich nicht zu langatmigen ersten richtigen Vorentscheidung Abend dieser Saison.


Mittwoch, 20. Dezember 2017

Es geht wieder weiter!

Ja, ich lebe noch, auch wenn ich in letzter Zeit viel darüber nachgedacht habe das zu ändern... Entsprechend hatte ich keine Nerven dazu an diesem Blog zu schreiben. Manchmal gibt es im Leben eben wichtigere Sachen um die sich die Gedanken drehen, als welche Rundfunkanstalt gerade was für Sitzungen abhält, wo gerade der Interpret ausgewählt wird und wer in einer Castingshow weiterkommt oder ausscheidet. Außerdem hatte ich in den letzten drei Wochen nicht die Zeit dazu hier was zu schreiben. Wie ich es schon befürchtet (aber verdrängt) hatte, war der Dezember einfach zu stressig, als dass ich hier intensiv schreiben konnte. Ich war froh wenn es einen Tag gab, an dem ich ein bisschen schlafen konnte, um den Schlaf der letzten Nächte teilweise nachzuholen. Manchmal habe ich mich wie ein Zombie oder Schlafwandler gefühlt. Heute Mittag begannen hier in Schleswig-Holstein die Weihnachtsferien und mein Theorie-Intensivkurs in Fahrschule endet auch übermorgen Abend (während das 2. Halbfinale in Albanien läuft). Womit wir auch schon beim Thema wären. Morgen beginnt die Vorentscheidungszeit so richtig, sodass wir nicht nur zwei Castingshows in den ersten Runden am Laufen haben, sondern auch anfangen die endgültigen Songs für den 63. Eurovision Song Contest 2018 All Aboard! in Lissabon auszuwählen bzw. auswählen lassen und zu erfahren.

In diesem Moment bin ich an einem Punkt dass ich genug Motivation gefunden habe das Schreiben am Blog wieder aufzunehmen. Du weißt dass du natürlich nichts relevantes verpassen kannst, wenn du hier alles ließt. Erstmal lege ich Wert darauf dich auf den richtigen Beginn der Vorentscheidungssaison vorzubereiten. Über die Festtage habe ich dann hoffentlich Zeit restliche, nicht temporär gebundene Nachrichten an dich weiterzugeben und jetzt gerade konnte ich die Erfahrung vom Ansatz eines Lächelns machen, als ich daran gedacht habe wie es ist von der ESC-Bubble zu berichten. Vielleicht gibt es doch irgendwelche Gründe weiter zu leben - vielleicht.

Ich habe inzwischen eingesehen, dass meine Arbeit für Eurovision Passion nicht so zeitintensiv bleiben kann, wie sie bisher war. Wie genau ich diese ändern werde und inwiefern du davon etwas merkst, weiß ich noch nicht. Ich hoffe aber dass du Verständnis dafür hast. Genauso hoffe ich dass du Verständnis dafür hast, dass manchmal andere Sachen einem freizeitlichen Blog gegenüber Prioritäten haben. Danke dass du hier bist und ließt was ich dir berichten möchte. Ich weiß es wirklich zu schätzen Menschen zu haben die einem zuhören. Auch wenn es möglich ist, dass zukünftig mehr persönliche Blogeinträge folgen, möchte ich nun aber erstmal wieder die ESC-Bubble und nicht mich in den Fokus stellen.

Sonntag, 10. Dezember 2017

Passion's Adventskalender 9/24 Rumänien/Moldawien

Heute gibt es wieder zwei Länder mit Christmas Carols und zusätzlich die Region Transnistrien, die sich als eigene Nation ansieht, wozu ihr jedoch die internationale Anerkennung fehlt, und in Moldawien liegt. In Rumänien haben Christmas Carols eine sehr große Bedeutung in der Weihnachtszeit. So ziehen am 25. Dezember Sänger, mit einem gebastelten Stern, auf dem Szenen aus der Bibel zu sehen sind, durch die Straßen.

Kleinkinder tun ähnliches, indem sie in der gesamten Weihnachtszeit in Gruppen von Haus zu Haus gehen um dort Weihnachtsgedichte, oder Christmas Carols vorzutragen. Der Anführer von so einer Gruppe trägt einen Holzstern, an einem langen Stock, bei sich, der von Metall umhüllt ist und von Glocken und Bändern verziert wird. In der Mitte vom Stern ist die Geburt Jesu abgebildet. Der Christmas Carol der dabei am meisten verbreitet ist, ist "O, ce veste minunată".


Moldawien unterscheidet sich in seinen weihnachtlichen Traditionen nicht von Rumänien. Hier ist beim weihnachtlichen durch-die-Straßen-ziehen "Sfanta i seara de cracium" am meisten verbreitet.


In Transnistrien hält man sich an die russisch-orthodoxe Tradition am 7. Januar Weihnachten zu feiern. Zu diesem Fest besuchen dort die meisten Kinder ihre Pateneltern und bringen ihnen Aschkuchen mit, der im Konkreten aus Rosinentörtchen mit Zuckerguß und Streuseln besteht. Eine besinnliche Zeit beim Hören der Christmas Carols Grặciun fericit! und Craciun fericit si un An Nou fericit!

Passion's Adventskalender 8/24 Island

Heute schauen wir in den hohen Norden Europas, das am weitesten von jeglichen anderen Kulturen entfernt liegt und so ein paar eigene Traditionen für diese Zeit des Jahres entwickelt hat. In Island wird das Weihnachtsfest von Heiligabend an, bis zum Dreikönigstag am 6. Januar gefeiert. Früher herrschte ein Tannenbaummangel in Island. Deswegen waren die meisten Weihnachtsbäume aus Holzstücken selbst gebaut und angemalt. Inzwischen werden genügend Tannenbäume importiert. Nur wenige Familien, die dies bevorzugen, bauen sich ihren Weihnachtsbaum noch selber.

An Heiligabend ist man in Island meist "Jolaar", also Weihnachtslamm, oder auch Rauchfleisch und Würstchen. Ebenfalls ist selbstgebrautes Bier beliebt. Das Ritual mit dem Reisbrei, welches ich schon im 4. Türchen bei Dänemark erklärt habe, wird hier genauso durchgeführt. In Island werden die Geschenke von den dreizehn Weihnachtszwergen von den Bergen gebracht. Der erste von ihnen kommt am 12. Dezember. Darauffolgend kommt jeden Tag ein weiterer Zwerg. Am 24. Dezember kommt dann auch der letzte, bevor am 25. Dezember der erste Zwerg wieder weggeht. Jeden Tag folgt ihm ein weiterer, sodass mit dem 6. Dezember der Letzte verschwindet. Ich wünsche noch viel Spaß beim Hören des isländischen Christmas Carols "Snæfinnur Snjókarl", weiterhin eine besinnliche Weihnachtszeit, in der man jeden Tag darüber nachdenkt wie schön diese Zeit eigentlich ist und Gledileg jól!


Passion's Adventskalender 7/24 Kroatien/Bosnien-Herzegowina

Heute schauen wir auf den Balkan, auf zwei Länder die keine besonders außergewöhnlihen Weihnachtstraditionen haben, aber beide über bekannte Christmas Carols verfügen, die Teil dieses Adventskalenders sein sollen.

Besonders Kroatien ist ein Land mit einer unfassbar hohen Anzahl an verschiedenen Christmas Carols, die wiederum meistens noch mehrere Versionen in ihrer Melodie und im Text haben. Da ist es schwer ein Lied auszuwählen, das am bekanntesten bzw. am verbreitetsten ist. Am ehesten kann man hier das Augenmerk auf "Veselje ti Navješćujem" legen, das übrigens über 50 verschiedene melodische Varianten hat und neben Kroatien auch in Bosnien-Herzegowina verbreitet ist.


Dort ist der Christmas Carol "Narodi Nam Se" noch verbreiteter. Er stammt aus dem 13. Jahrhundert und pflegt somit eine sehr große Tradition. In Bosnien-Herzegowina werden in der Weihnachtszeit die Grenzen zwischen den Konfessionen und Religionen besonders stark überwunden, sodass alle gemeinschaftlich in Frieden Weihnachten feiern können. Viel Spaß beim Hören der Songs und wie man gemeinschaftlich in beiden heutigen Ländern sagt Sretan Božić!


Samstag, 9. Dezember 2017

Passion's Adventskalender 6/24 Italien/Malta

In den letzten Tagen konnte ich hier leider nicht aktiv sein. Manche Dinge sind im Leben wichtiger als der Eurovision Song Contest. Ich gebe mir größte Mühe, trotz allem was in der stressigen Weihnachtszeit zu tun ist, hier so gut es geht mit den Posts hinterher zu kommen. Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht immer über alles brandaktuell berichten kann. Natürlich verpasst du hier aber nichts und wirst über alle Geschehnisse Top informiert sein, sobald mir dies möglich ist. Nun wollen wir uns trotzdem Zeit nehmen uns zu besinnen und ein wenig verspätet auf das 6. Türchen mit Italien schauen, dem ich Malta, das über keinen großen Christmas Carol verfügt, angehängt habe.

"Natale" ist in Italien von der römischen Kultur und modernen Traditionen geprägt. Am 8. Dezember wird zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria das "Hochfest" gefeiert. Von diesem Tag an wird alles weihnachtlich geschmückt, sowie Krippen und Weihnachtsbäume aufgestellt. Auf Sizilien gibt es am 13. Dezember noch ein extra Fest zum Gedenken der heiligen Lucia, der Patronin von Sizilien. An Heiligabend gehen alle zur Christmesse in die Kirche. An diesem Tag wird kein Fleisch gegessen. Verbunden mit der italienischen Kultur besteht das Festessen deshalb aus Meeresfrüchten und Süßigkeiten wie "pandoro", "panettone", "torrone", "panforte", "struffoli", "caggionetti" und "Monte Bianco".

Am 25. Dezember werden dann verschiedene Fleischsorten, Käse und Süßigkeiten. Wer die Geschenke bringt hängt von der Region Italiens ab. An manchen Orten ist es das Christkind an Heiligabend. Anderswo werden die Geschenke erst am 6. Januar ausgepackt, wenn die alte Witwe "Befana" die Geschenke am Dreikönigstag gebracht hat. Dabei verbreitet sich "Babbo Natale" der italienische Weihnachtsmann immer mehr. Der 26. Dezember ist in Italien der "Stephanstag".

Im multikulturellen Malta wird zum Weihnachtsessen gewöhnlicher Truthahn mit Kartoffeln und Gemüse gegessen. Der maltesische Honigring wird vor vorzugsweise in der Weihnachtszeit verzehrt.

In Italien gibt es ein Christmas Carol das sich so prägnant durch die Weihnachtszeit zieht, wie es in kaum einem anderen Land zu finden ist. Einfach jeder kann "Tu scendi dalle stelle" auswendig in voller länge singen und hört es ständig und überall. Viel Spaß beim Hören Buon Natale! Il-Milied it-Tajjeb! Festi t-Tajba! und Merry Christmas!


Mittwoch, 6. Dezember 2017

"Kinky Boots" Das Musical - Eine Glückspille mit Tiefgang

"Ich will nicht aussehen wie eine transsilvanische ESC-Kandidatin!" SO Lolas Reaktion darauf dass sie Schuhe in BORDEAUX tragen soll. Das erinnerte mich gestern, als ich die erste reguläre Vorstellung von "Kinky Boots" in Hamburg, das am Sonntag Deutschlandpremiere feierte, sah, an den ESC-Beitrag von Rumänien 2013. Ob Lola (Gino Emnes) dabei auch an den Vampir Cezar dachte weiß ich nicht. Ich war aber beeindruckt wie sehr der ESC sich überall ausbreitet und sogar in den Text von einem Musical aufgenommen wird. In diesem Moment habe ich entschieden, dass ich nicht anders kann, als hier von dem Musical zu berichten.


Ich habe nur zufällig eine Karte für das Musical erhalten und hatte eigentlich gar nicht vor es zu sehen. Andere Musicals erschienen mir als deutlich sehenswerter, trotzdem nehme ich das Angebot einer kostenlosen Karte für ein Musical selbstverständlich mit. Damit dass für diesen Abend noch ein weiterer, viel größerer Zufall auf mich wartete hätte ich nicht gerechnet. Doch alles der Reihe nach. Zum Verständnis dieses Textes gibt es hier eine kleine Inhaltsangebe:

Der unauffällige Mitläufer Charlie Price übernimmt von seinem kürzlich verstorbenen Vater Widerwillens die Schuhfabrik "Price and Son", welche kurz vor den Ruinen steht. Völlig überfordert wird er den Anforderungen nicht gerecht, bis ihn die Drag-Queen Lola, die Angestellte Lauren (Jeannine Wacker) und ein Streitgespräch mit seiner Verlobten Nicola (Franziska Schuster) auf die Idee bringen nicht mehr "eine gewisse Palette Schuhe für Männer", sondern "eine gewisse Palette Schuhe für eine gewisse Palette von Männern" herzustellen. Durch das bisher unentdeckte Talent von Lola zur Designerin entsteht die Kollektion "Kinky Boots". Damit diese Abnehmer findet möchte Charlie sie auf der bedeutungsvollsten Schuhmesse der Welt in Milan präsentieren. Doch hier tauchen nach und nach immer mehr Probleme auf, die die Schuhfabrik in den Abgrund treiben wollen. Klingt langweilig? Dachte ich auch - bis ich das Musical gesehen, nein erlebt habe...

Wer soll auf diesen Schuhen nur laufen?

Dieses Musical ist nicht für jeden geeignet. Es ist anders als das was man sich im ersten Moment vorstellt, wenn man an ein Musical denkt. In diesem Musical wird kein Blatt vor den Mund genommen. Anstand, Normalität und Schamgefühl haben hier keinen Platz. Es ist ein Musical bei dem im Publikum eine Stimmung entsteht, die schwer zu beschreiben ist. Ich würde sagen eine Mischung aus dem was dabei raus kommt wenn eine Travestieshow mit poppigen und mitreißenden Songs (von 80er Jahre-Legende Cyndi Laupner) auf der Reeperbahn, mitten im Herz des Hamburger Rotlicht Viertels, in ein professionelles Musical gepackt wird. In der Presse hat sich der Begriff "Glückspille" breit gemacht, was ich zunächst skeptisch annahm, ich muss aber sagen dass "Glückspille" eine Untertreibung ist! Es ist eher eine Glücksbombe! Wer aus diesem Musical rausgeht und nicht ein riesiges Strahlen im Gesicht hat, muss wohl in der schlimmsten Phase des Lebens stecken! Ein kleines abgebrochenes Stück dieser Glückspille findet man hier, hier, hier, hier und hier unter diesen Links, die einen Vorgeschmack davon geben, was einen erwartet.

Lola mit ihren Angels

Es ist ein Musical bei dem das Publikum schon mal mittendrin aufsteht, einfach nur um mitzutanzen, ein Musical bei dem das Publikum in eine Laune gebracht wird, dass es wie Teenies, die ihr Idol treffen, bei jeder Pose einer Modenshow im Musical schreit, ein Musical bei dem schon mal unzählig viele Zugaben gespielt werden, weil das Publikum einfach nicht aufhören möchte zu jubeln, ein Musical dessen Spielzeit um bestimmt über 10 Minuten verlängert wird, weil das Publikum ständig dazwischen applaudiert, weil es schon fast im Sekundentakt unbeschreiblich unterhaltsame Höhepunkte gibt. Dieses Musical besteht nur aus Höhepunkten!


Dabei ist Cezar nicht die einzige Verbindung zwischen dem Musical und dem Eurovision Song Contest. Die Fließbänder der Schuhfabrik sind von Anfang bis Ende im Musical präsent und sind auch beeindruckend gut in die Choreographien involviert. Robin Begtsson (Schweden 2017) kann da mit seinen Laufbändern von Stockholm und Kiew nicht ansatzweise mithalten... Eines der Kostüme im Finale (meiner Meinung nach übrigens das perfekt-schrillste im gesamten Musical) erinnert mich doch sehr an "Flying the Flag" (Großbritannien und Nordirland 2007), genauso tun dies sämtliche Kostüme an (Großbritannien und Nordirland) 2015. Ganz zu schweigen davon dass Conchita Wurst (Österreich 2014) perfekt in dieses Musical passen würde. Nicht zu vergessen die stark mit dem ESC verbundene Olivia Jones, die sich wohl mehr darüber freut dass dieses Musical bei ihr nebenan läuft, als jeder andere. Sie durfte bei den Proben vorbei schauen und war selbstverständlich bei der Premiere im Musical anwesend.

Der Kanarienvogel Olivia Jones fällt in diesem Musical gar nicht mehr auf

Was mich am meisten beeindruckt hat, sind nicht die Schuhe, von denen ich viele unglaublich gerne haben will, nicht dass Männer es schaffen auf diesen Schuhen äußerst anspruchsvolle Choreographien zu tanzen, nicht was dieses Musical mit den Leuten macht, die es sehen, nicht der großartige Cast, der für dieses Musical perfekt geeignet ist, nicht die Kostüme, oder das Bühnenbild, sondern wie neben dieser Travestieshow Szenen mit Gänsehaut und so viel Tiefgang bestehen, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Ich habe noch kein Musical gesehen, bei dem die Story auch nur ansatzweise so viel Aussagekraft hat, wie bei diesem! In manchen Szenen haben sich meine Gedanken überschlagen und ich konnte dem Spiel kaum folgen, weil so viel Mehrwert darin steckt. Andere Musicals haben als Aussage irgendeinen Satz, den jeder schon zigmal gehört hat, doch Kinky Boots, was vor nur 70 Jahren noch ein provokanter Skandal gewesen wäre, wirft heute ganz ernst aus einem neuen Blickwinkel gleich mehrere der größten sozialen Probleme der Menschheit auf und zeigt uns mit einem ungewöhnlichen Ansatz den richtigen Weg mit diesen Problemen umzugehen. Der philosophische und Ethische Wert dieses Musicals übersteigt meine Fähigkeiten der Wortgewandtheit, sodass ich sie nicht im einzelnen darstellen kann.

Links das "Flying the Flag" Kostüm - übrigens auf diesem Bild sind nur Männer

Kommen wir zu den Zufall den ich noch erleben durfte. Als ich im Saal des Stage Operettenhauses saß, habe ich ein paar Reihen vor mir jemanden entdeckt, den ich vor über zwei Jahren durch das Internet kennen gelernt habe und seitdem nie dazu gekommen bin ihn zu treffen. Wir haben schon überlegt, ob wir gemeinsam in ein Musical gehen, nun haben wir dies irgendwie indirekt getan. Ihn im Real life zu erleben und dazu "Kinky Boots" zu sehen hat mich in meiner Persönlichkeitsfindung ein großes Stück weiter gebracht und mir den nötigen Mut zurückgegeben. Dieses Musical kam für mich persönlich zum perfekten Zeitpunkt. Ein paar Tipps noch für diejenigen, die nun vor haben "Kinky Boots" zu sehen; anders als bei anderen Musicals verliert sich der "Effekt" des Stückes nicht, wenn man "schlechtere" Plätze hat. Ganz im Gegenteil, mitten im Publikum bekommt man noch viel mehr von der Stimmung mit und kann sie besser aufsaugen. Ein Platz auf dem Rang/Balkon ist, wie ein Platz in der ersten Reihe, hingegen überhaupt nicht zu empfehlen. Bei der Garderobe sollte man seiner Kreativität keine Grenzen setzen. Je auffälliger und außergewöhnlicher, desto unauffälliger wirkt man an diesem Ort. Besonders was die Schuhe betrifft gibt es nicht wenig (männliche) Gäste, die besonders ausgefallene Kinky Boots tragen. Mit einem von ihnen hatte ich auf der anschließenden Bahnfahrt zufällig noch ein schönes Gespräch.

Wer es sich nicht entgehen lässt dieses einzigartige Lebensgefühl von "Kinky Boots" erleben zu dürfen, wird eine unvergessliche Glückspille schlucken dürfen. Jeder der dieses Musical sieht wird sich aber auch anschließend Gedanken um das eigene Leben, sein Handeln und die Lebenseinstellung machen und ich bin mir sicher, dass alle dies auch ändern werden, ohne sich zu verändern, denn wie Lola schon Oscar Wilde zitiert, rezitiere ich nun sie: "Sei du selbst. Alle anderen sind schon vergeben"

Rumänien 2013 - It's my life - Cezar

Schweden 2017 - Can't go on - Robin Begtsson

Großbritannien und Nordirland 2007 - Flying the Flag -Scooch

Großbritannien und Nordirland 2007 - Still in Love with you - Electro Velvet

Österreich 2014 - Rise like a Phoenix - Conchita Wurst