Die erste Entscheidung die fiel war im 1.500 Meter Lauf der Damen. Topfavoritin war Laura Muir (Großbritannien), die als einzige im Feld dieses Jahr schon unter vier Minuten lief - sogar deutlich. Das lag aber nur daran dass Sifan Hassan (Niederlande) nur über die 5.000 Meter an den Start ging. Die Britin gewann auch, vor Sofia Ennaoui aus Polen und Laura Weightman, die sich mit der Siegerin nicht nur einen Vornamen, sondern auch die Nationalität teilt. Die Titelverteidigerin Angelika Cichocka aus Polen kam nur als Letzte, also #12., ins Ziel. Die Deutschen Caterina Granz und Diana Sujew schieden als #18. und #19. im Halbfinale aus.
Danach ging es über 5.000 Meter der Damen. Diese gewann souverän die Topfavoritin Sifan Hassan aus Äthiopien. 2008 wanderte sie in die Niederlande aus. Seit 2013 darf sie für Diese starten. Sie lief mit 14 Minuten, 46,12 Sekunden die schnellste jemals gelaufene Zeit bei einer Europameisterschaft! Dieses Jahr wurden die 5.000 Meter von einer Europäerin nur ein mal schneller gelaufen, und zwar von ihr selbst in 14:22,34. Eilish McColgan aus Großbritannien und Nordirland gewann Silber. Die Kenianerin Yasemin Can (vor ihrer Einbürgerung Vivian Jemutai) wurde von der Türkei eingekauft. Sie gewann als Titelverteidigerin Bronze. Konstanze Klosterhalfen ist diejenige die am meisten darunter leidet. Die Deutsche bekommt so nur Platz #4 und keine Medaille. Denise Krebs kam auf Platz #14. Hanna Klein gab das Rennen vorzeitig auf (Platz #17).
Lonah Chemtai Salpeter, die bereits über 10.000 Meter Europameisterin wurde, dachte eine Runde vor Schluss dass es schon das Ziel sei und bejubelte hinter Sifan Hassan ihre geglaubte Silbermedaille. Etwa zwei Sekunden später bemerkte sie dass noch eine Runde zu laufen ist. Danach wieder zurück in den Rhythmus zu kommen ist sehr schwer, so wurde sie nur #4.. Dieses Ganze Drama war aber alles eigentlich um nichts. Kurz vor Ende der Evening Session wurde sie nachträglich disqualifiziert, da sie in der ersten Kurve einige Zentimeter zu früh auf die Innenbahn wechselte, und somit nach Regelwerk eine "Abkürzung" genommen hat. Salpeter stammt zwar ursprünglich aus Kenia, ist aber anders als Yasemin Can nicht eingekauft wurden, sondern "echte" Israeli.
Anschließend ging das Hammerwerfen der Damen zu Ende. Anita Wlodarczyk aus Polen wurde ihrer haushohen Favoritenrolle gerecht und warf mit 78,94 Metern so den Hammer so weit wie noch nie eine Frau bei einer Europameisterschaft! Damit wurde sie zum vierten mal in Folge Europameisterin! Insgesamt wirkte das Hammerwurf Finale wie die polnische Meisterschaft mit internationaler Beteiligung. Lediglich Alexandra Tavernier aus Frankreich gelang es, durch einen neuen französischen Rekord, den Clean Sweap von Polen zu verhindern. Bronze gewann Joanna Fiodorow, die überraschender Weise Wlodarczyk vor kurzem bei der polnischen Meisterschaft schlug. Natürlich wurde der #4. Platz auch von einer Polin, Malwina Kopron, besetzt. Dürften mehr als drei Werferinnen pro Nation starten hätten wir womöglich ein Finale mit 12 Polinnen... Na gut, so stark beherrscht Polen diese Disziplin nun auch wieder nicht.
Kathrin Klaas absolvierte den letzten Wettkampf ihrer Karriere. Unter Tränen und mit einem Lächeln auf den Lippen wurde sie zum Abschluss #7. bei der EM im eigenen Land. Betty Heidler (Silber bei letzter EM) schaute erstmals nur zu, sie teilte bei dieser EM die Wasserflaschen für die Läufer, am Ziel, nach ihren Rennen, aus. Auch Heike Drechsler (u.a. zweifache Olympiasiegerin, zweifache Weltmeisterin, fünffache Europameisterin) half bei diesen Europameisterschaften in Berlin. Sie sorgte als Kampfrichterin dafür dass die Sprunggruben nach jedem Sprung immer einwandfrei gehakt worden sind. Es ist schön zu sehen wie sich ehemalige Athleten engagieren um Wettkämpfe für diejenigen zu ermöglichen die sie als Vorbilder haben.
Die Punkte für den siebten Unterbereich des Hammerwurfs:
1. | Polen | 70 |
2. | Weißrussland | 17 |
3. | Ungarn | 15 |
4. | Frankreich | 14 |
5. | Moldawien | 12 |
6. | Aserbaidschan | 8 |
6. | Großbritannien und Nordirland | 8 |
6. | Norwegen | 8 |
6. | Ukraine | 8 |
10. | Deutschland | 6 |
11. | Griechenland | 4 |
11. | Russland | 4 |
13. | Serbien | 2 |
Es ist wirklich beeindruckend, fast schon beängstigend wie sehr Polen den Hammerwurf beherrscht. Unsere Nachbarn haben kaum noch Punkte für die anderen Nationen übrig gelassen. Deutschland hat mit dem Hammerwurf inzwischen sogar einen Problembereich der Leichtathletik. Der #10. Platz liegt weit unter dem was Deutschland in den anderen Wurfdisziplinen erreicht. Es ist aber auch schwer zu sagen woran es liegt dass der Hammerwurf in den letzten Jahren bei Deutschland immer weiter abgesunken ist.
Über 3.000 Meter Hindernis gab es vier große Favoritinnen. Karoline Bjerkeli Gövdal aus Norwegen hält die Europajahresbestleistung. Luiza Gega aus Albanien hat eine kaum weniger sensationelle Saisonbestleistung. Der Norwegerin gelang es immerhin die Bronzemedaille zu gewinnen. Die Albanierin landete sehr knapp dahinter auf Platz. #4. dahinter gab es eine große Lücke, doch direkt davor lieferten sich die anderen beiden Favoritinnen einen packenden Fight auf der Zielgeraden; Fabienne Schlumpf aus der Schweiz hatte die konstantesten Leistungen während der Saison. Gesa-Felicitas Krause, die meiner Meinung nach eigentlich das Gesicht der deutschen Leichtathletik sein sollte, eine schwache Saison, in der kein Rennen auch nur ansatzweise gut lief. Trotzdem war sie unberechenbar und immerhin Titelverteidigerin. Sie schaffte es tatsächlich alle, auch Schlumpf, hinter sich zu lassen und verteidigte ihren EM-Titel von Amsterdam in Berlin! Auf dieses Rennen habe ich mich bei der ganzen EM am meisten gefreut. Es war sehr ungewiss ob sie endlich die richtigen Entscheidungen über die Trainingsmethoden fiel und hier überhaupt vorne mitlaufen konnte. Sie hat das Drama von London 2017 aber überwinden können und sich diesen EM-Titel hart erarbeitet. Ich bin unsagbar glücklich darüber dass sie es geschafft hat und voller Hoffnungen für die Olympischen Spiele in Tokyo. Wie wäre es wenn sie in zwei Jahren gegen alle Afrikanerinnen gewinnen könnte und als gebürtige Deutsche Läuferin Gold gewinnt?! Wir dürfen weiter von diesem Traum träumen. Elena Burkard, eine der Mitfavoritinnen wurde #6.. Jana Sussmann schied im Halbfinale als #18. aus, Antje Möldner-Schmidt wurde #27.
Das ist das Ende der Meisterschaften der Mittelstreckenläufe. Wir schauen auf die Punkte die die einzelnen Länder in diesem achten Unterbereich gesammelt haben:
1. | Großbritannien und Nordirland | 126 |
2. | Polen | 81 |
3. | Norwegen | 77 |
4. | Frankreich | 71 |
5. | Spanien | 41 |
6. | Deutschland | 40 |
7. | Schweden | 32 |
8. | Niederlande | 30 |
8. | Ukraine | 30 |
10. | Schweiz | 27 |
11. | Italien | 25 |
12. | Türkei | 18 |
13. | Tschechien | 16 |
14. | Dänemark | 13 |
15. | Albanien | 9 |
15. | Irland | 9 |
17. | Belgien | 8 |
17. | Israel | 8 |
19. | Litauen | 7 |
19. | Portugal | 7 |
21. | Rumänien | 6 |
21. | Russland | 6 |
23. | Finnland | 5 |
23. | Weißrussland | 5 |
25. | Estland | 4 |
26. | Slowenien | 2 |
27. | Luxemburg | 1 |
Deutschland ist in den letzten Jahren in der Mittelstrecke auf ein völlig neues Niveau vorgedrungen. Das reicht sogar um in dieser Wertung bei der EM den #6. Platz zu erreichen! Auf diese tollen Leistungen sollten wir weiter aufbauen, damit wir sie nicht mehr verlieren und die Leichtathletik-Team-EM weiterhin fest in unserer Hand halten können. Außerdem haben wir inzwischen nicht nur auf europäischer, sondern auch auf weltweiter Ebene gute Möglichkeiten Medaillen zu gewinnen. Hier darf die Förderung nicht nachlassen!
Im Dreisprung der Herren gab es wieder einen deutschen Titelverteidiger. Leider konnte Max Heß im Halbfinale aber nicht seine eigentlichen Leistungen abrufen. Mit 16 Metern und 32 Zentimetern, die er in jeder Trainingseinheit springt, schied er knapp als #15. im Halbfinale aus. Der dadurch einzige große Favorit im Finale war Alexis Copello. Eigentlich ist er Kubaner. Nach Europa kommt er nur um Wettkämpfe zu bestreiten. Vielleicht war er auch schon mal in Aserbaidschan, dieses Land hat ihn nämlich aus der großen horizontal-Sprung-Nation aufgekauft. Den Europameistertitel zu gewinnen gelang ihm dennoch nicht. Es wurde Silber. Gold gewann eine Nation die mit dem Sieg der ersten EM im 50 Kilometer Gehen der Damen in Berlin gerade schon Sportgeschichte geschrieben hatte. Nelson Evora sprang mit drei Schritten deutlich weiter als jeder andere in der Konkurrenz. Damit stellt Portugal bei dieser EM sogar zwei Europameister! Das Mutterland der Olympischen Spiele, Griechenland, hat schon viele Springer hervorgebracht die sehr weit gekommen sind - wörtlich und metaphorisch. So geht auch bei der Dreisprung EM der Herren 2018 eine Medaille an Hellas, es ist Bronze für Dimitrios Tsiamis.
Auch der Unterbereich des horizontalen Sprungs ist damit abgeschlossen. Hier das Ergebnis der Punktewertung:
1. | Deutschland | 49 |
2. | Griechenland | 47 |
3. | Großbritannien und Nordirland | 39 |
4. | Frankreich | 28 |
5. | Portugal | 25 |
5. | Spanien | 25 |
5. | Ukraine | 25 |
8. | Aserbaidschan | 23 |
9. | Schweden | 21 |
10. | Rumänien | 9 |
11. | Finnland | 8 |
11. | Israel | 8 |
11. | Polen | 8 |
11. | Weißrussland | 8 |
15. | Bulgarien | 7 |
15. | Estland | 7 |
17. | Slowakei | 5 |
18. | Albanien | 3 |
19. | Italien | 2 |
19. | Zypern | 2 |
21. | Serbien | 1 |
21. | Tschechien | 1 |
21. | Türkei | 1 |
Deutschland und Griechenland sind die beiden dominierenden Nationen im horizontalen Sprung innerhalb Europas. Das hat man bei dieser EM auch wieder deutlich gesehen. Dass Deutschland auf dieser Liste ganz oben landet ist aber eine absolute Neuheit. Der horizontale Sprung wurde im DLV sehr lange Zeit einfach fallen gelassen und als unwichtig abgestempelt. Deutschland ist nun aber in allen Bereichen der Leichtathletik ganz vorne mit dabei. Genau das ist der Grund warum wir jetzt so stark sind wie schon ewig nicht mehr. Wir müssen nur aufpassen dass wir dieses Niveau auch in jedem Bereich halten. Das ist sehr schwer. Ob es klappt wird die Zeit zeigen.
Als letztes Ereignis vor den abschließenden 100 Meter Staffeln wurden alle Zuschauer des sportlich hochwertigsten Stabhochsprung Wettkampfes der Menschheitsgeschichte! Grund für die fast schon unglaubwürdige Flugshow waren keine Athleten die im Zenit ihrer Kariere stehen, sondern Nachwuchsspringer, deren Karriere heute erst angefangen hat! Da Raphael Holzdeppe im Halbfinale drei Ungültige Versuche bei seiner Anfangshöhe hatte (= geteilter Platz #32) und Torben Laidig mit dem geteilten #13. Platz und Bo Kanda Lita Baehre mit dem #15. Platz ausschieden, gab es keinen deutschen Springer im Finale.
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