Unsere deutschsprachigen Nachbarn landen in meinem Ranking der ESC-Nationen 2014-2024 genau in der Mitte auf Platz 23 von 45. Es ist eine Nation die sich bei mir manchmal im Mittelfeld, manchmal etwas weiter unten und manchmal etwas weiter oben platziert. Ein richtiger Charakter Österreichs bildet sich für mich nicht heraus. Jedes Jahr wird etwas anderes zum ESC geschickt. Alles ist möglich in Österreich.
Platzierung als Nation in meinen Rankings: 23. (19./12./37.)
Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 9. (2016)
Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 35. (2015)
Teilnahmen 2014-2024: 10
Bestes Ergebnis beim ESC: 1. mit 290 Punkten 2014
Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 17. im Semi mit 21 Punkten 2019
Im Falle Österreichs ist es eine knappe Entscheidung zwischen fünf Beiträgen, welcher meine Nummer eins des Landes ist. Letztlich ist "Limits" von Paenda ganz vorne. Ausgerechnet dieser Beitrag hat in den letzten 10 Jahren das schlechteste Ergebnis Österreichs eingefahren (wenn wir von den null Punkten als automatischer Finalist 2015 absehen). Bis Heute liegt mir diese wahrliche "Voting Crime" schwer im Magen. Was für ein Unrecht Europa Paenda dort angetan hat! Das Lied ist einzigartig. Der gehauchte Gesang von Paenda, die ganze Zeit an der Kante zu den Tränen, die wunderschön-schmerzhafte Inszenierung auf der Bühne, wie kann man da nicht weinen und dafür anrufen? Es bleibt für mich weiterhin unglaublich wie Paenda es schafft so viel Schmerz in die Stimme zu legen. Ein bedrückender Schmerz, der einen nicht loslässt . genau darum geht es in dem Lied. Es ist eine großartige Verkörperung von lang anhaltendem Schmerz, der auf beeindruckende Weise an die Zuhörenden weitergetragen wird. Eines der für mich wichtigsten Kriterien eines ESC-Beitrages (oder von Musik generell) ist es, wie intensiv die Emotion ist, die dieser in mir auslöst. Dieses Kriterium kann bei diesem Beispiel kaum übertroffen werden. Mit "Limits" habe ich schon viele Tränen vergossen und weitere werden folgen.
Nathan Trent ist die lebensfroheste Person von dessen Existenz ich weiß. Sein Grad an guter Laune in jeder medialen Aufnahme die ich von ihm kenne ist beeindruckend. Und er schafft es auch alle um sich herum damit anzustecken. Welch größere Gabe kann man sich wünschen? Das Lied "Running on Air" ist darauf zugeschnitten. Die Freude in Nathans Auftritt ist Grenzenlos. Das einzige was ihn zurückhält ist scheinbar die festgelegte Choreographie, an die er sich halten muss. Vielleicht wäre hier mehr Freiheit - wie bei Lena 2010 - die bessere Wahl gewesen. Normalerweise bin ich am Tag nach einem ESC-Finale froh, dass ich die immergleiche Musik nicht mehr hören "muss", weil es nach mehreren Monaten irgendwann einfach zu viel wird. Im Falle von Nathan, habe ich ihn und seine Musik nach Ende des ESCs immer mehr schätzen gelernt, weshalb seine Platzierung in meinem Ranking von damals noch nicht so gut war, wie es das Heute sein würde. Wenn ich glücklich sein möchte, es aber nicht bin, brauche ich einfach nur "Running on Air" einschalten und das Glücksgefühl ist da. 😃
"0,003", "Poe poe poe poe poe", und "Edgar cannot pay Rent for me" sind nur wenige, ausgewählte Beispiele von Evergreen-Running-Gags, die Teya & Salena mit "Who the Hell is Edgar?" in der ESC-Bubble geschaffen haben. Dieser ESC-Beitrag ist episch, wie kaum ein anderer. Nicht zuletzt, weil er eigentlich nur ein kleiner Scherz fürs abendliche Lagerfeuer auf einem Songwriting-Camp sein sollte, sich aber zurecht als eine echte Perle herausgestellt hat. Nun sind sich zumindest in der ESC-Bubble alle darüber bewusst wie Streaming-Dienste mit den Künstler*innen umgehen. Damit haben Teya & Salena die Wertschätzung musikalischer Kunst noch ein weiteres Stück gesteigert. Das Vermächtnis dieses ESC-Beitrages ist enorm! Ich höre und singe ihn immernoch häufig. Nur leider ist das Staging eine reine Vollkatastrophe geworden und auch der Live-Gesang ist nicht optimal. Was hier mit einer anderen Live-Performance möglich gewesen wäre...
Powerballaden könnte ich als mein Lieblingsgenre beim ESC bezeichnen. Wenn ein Auftritt es schafft emotional in die Tiefe zu gehen, ein Gefühl ganz nah erlebbar zu machen und dies durch eine gute Melodie und Leidenschaftliche Performance intensiviert, ist alles da, was ich mir von einem ESC-Beitrag wünsche. "Amen" ist eine solche Powerballade. Besonders herausragend finde ich in diesem Fall die Struktur des Liedes: Die verschiedenen musikalischen Phasen, die durchlaufen werden und die gelungenen Übergänge dazwischen. Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt, bei der man einsteigt, zwischendurch nicht denken kann, und wenn man wieder aussteigt wundert man sich dass es schon vorbei ist, hat aber kein schlechtes Gefühl, sondern ruft erfüllt: "Jawoll, ist das toll!"
Französisch klingt bereits in gesprochener Form wie Musik für mich, umso schöner wird die Sprache, wenn sie sogar gesungen wird. So haben es französischsprachige Beiträge in meiner Gunst deutlich leichter als andere. Zudem ist es ein zauberhafter Auftritt den Zoe auf die ESC-Bühne gebracht hat. Jedes Mal, wenn ich mir "Loin d'ici" anschaue, fühle ich mich wie eine Elfe, die durch eine malerisch bunte Blumenlandschaft fliegt, in der alle Lebewesen magisch sind und überall Süßigkeiten wachsen.
"Halo" ist so eine fetzige Nummer! Als ich es zum ersten Mal hörte, konnte ich meinen Ohren kaum glauben! Leider hat hier die Live-Version, die ich schließlich bewerten muss, vieles kaputt gemacht. Und erneut muss ich bei Österreich schreiben: "Was hier mit einer anderen Live-Performance möglich gewesen wäre...", aber das wissen bei diesem Beitrag alle Beteiligten schon selber.
Der Auftritt und Sieg von Conchita Wurst hat die Welt ein gehöriges Stück weit verändert. Ich bin mir über die Wirkungen, die der ESC-Finalabend 2014 für queere Menschen hatte bewusst. Ich weiß, dass auch ich dadurch profitiere, weiß, dass Europa und auch der übrige Teil der Welt dadurch zu einem weniger diskriminierenden Ort für queere Menschen geworden ist. All das kann man gar nicht genug wertschätzen. Dieser 13-minütige Kurzfilm mit dem Titel "12 Points", um Conchitas ESC-Sieg, den ich mir schon oft angesehen habe, portraitiert einen Teil der Wirkung dieses ESC-Sieges gut. Allerdings ist der Hauptaspekt eines ESC-Beitrages das Lied, die Komposition. Und die finde ich gar nicht so toll wie die meisten anderen Menschen. Ich halte "Rise like a Phoenix" nicht für einen schlechten Song. Bei mir kommt musikalisch aber bei weitem nicht so viel an, wie bei vielen anderen ESC-Beiträgen. Mein 13-jähriges Ich mochte die Drag Queen Conchita Wurst, aber das Lied hat mir viel zu wenig gebracht und so hat es - trotz allem - damals in meinem Ranking nur für Platz 26 gereicht. Mir war es also egal, ob "Rise like a Phoenix" knapp im Halbfinale ausscheidet, oder im Finale letzter wird. Ohne Conchita in diesem Beitrag wären es noch einige Plätze weiter unten gewesen. Und doch war ich froh über diesen Sieg. Weil er den Sieg der Niederlande verhindert hat, und weil es etwas mit mir gemacht hat, zu sehen, dass so eine Person europaweit von so vielen Menschen gefeiert wird. Dass es vielleicht doch an irgendeinem Ort möglich ist, schöne Kleider zu tragen, auch wenn man das Pech hat, ein Junge oder Mann sein zu müssen. Um näheres über mich zu begreifen, war ich damals noch zu jung, in einer heteronormativen Welt. Es ist nicht in Worten zu beschreiben, wie sehr ich Tom Neuwirth/Conchita Wurst und sein handeln und wirken wertschätze. Und dennoch kommt Conchita in der Wirkung auf mich nicht ansatzweise an die Wirkung von Nemos ESC-Sieg heran. Letztlich fühle ich in der Regel gar nicht so viel, wenn ich mir Conchitas Auftritt anschaue und deshalb würde ich den Beitrag auch Heute vermutlich nicht viel höher ranken als damals. Tom Neuwirth als Künstler soll das aber nicht schmälern.
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