Samstag, 1. März 2025

Chefsache ESC 2025 Finale - Die beste Wahl für Deutschland?

 Heute Abend um 20:15 Uhr wird das Finale des deutschen Vorentscheides zum 69. Eurovision Song Contest 2025 in den EMG Studios in Hürth ausgetragen. Übertragen wird die Show im Ersten Deutschen Fernsehen, auf One, und online auf Eurovision.de, in der ARD Mediathek und für internationale Zuschauende auf dem YouTube Kanal vom ESC. In diesem Blogbeitrag möchte ich auf die Chancen der neun Finalbeiträge eingehen - in diesem Vorentscheid und beim ESC. Dabei berücksichtige ich vor allem Reaktionen aus dem Ausland, auf die bisherigen drei Chefsache Shows. Vorweg möchte ich klarstellen dass es beim ESC um das Feiern und Wertschätzen von Kunst geht und das auch für diese Finalisten gilt. Der ESC ist aber ein Wettbewerb und wenn Stefan Raab das Ziel gesetzt hat den ESC zu gewinnen, müssen wir die Beiträge mit anderen in den Vergleich setzen und dabei ehrlich sein. Ich freue mich bei allen Beiträgen über den künstlicherischen Wert, doch nicht alle haben gute Aussichten auf Erfolg beim ESC.

Das sind die neun Finalisten im Schnelldurchlauf:


Starten wir mit "Lovers on Mars" von Lyza. Viele sehen darin einen Wettbewerbsbeitrag, der genauso gut bei den schwedischen Melodifestivalen laufen könnte, dem wohl stärksten ESC-Vorentscheid. Das ist erstmal ein großes Kompliment, allerdings ist man sich auch einig, dass dieser Titel wohl eher auf den hinteren Rängen des Melfests landen würde. Er verkörpert leider auch genau das, was seit vielen Jahren am stärksten am deutschen Vorentscheid kritisiert wird: Radiotauglicher Massenpop, den man schon viel zu oft in viel besser gehört hat. Damit lässt sich beim ESC Heutzutage nicht mehr viel holen. Ich bin kein Freund davon, musikalisch ähnliche Beiträge miteinander zu vergleichen und zu behaupten dass ähnliches auch ähnlich abschneiden würde, denn von jeder musikalischen Art gibt es Beiträge beim ESC die großen Erfolg feierten und andere, die komplett abschmierten. Trotzdem möchte ich in diesem Artikel ein paar Vergleiche zu vorherigen ESC-Titeln ziehen, bei denen ich mir ein ähnliches Szenario vorstellen kann. Bei "Lovers on Mars" ist mein Vergleichsbeitrag "Ghost" von Jamie-Lee, Deutschland 2016. Ein solider Popsong mit einer individuellen Performance, den niemand schlecht findet. Die Sängerin hat eine gute Stimme und eine professionelle Bühnenausstrahlung mit Persönlichkeit. Aber letzten Endes ist es nur ein uninnovativer, belangloser Popsong, der auf dem letzten Platz mit 11 Punkten endete und um den kaum jemand traurig ist, dass die Rote Laterne diesen Song getroffen hat, weil es einfach nur ein Song ist - nichts Besonderes. All das trifft auch auf "Lovers on Mars" zu und ich fürchte dass es beim ESC in der Masse untergehen und vergessen werden würde. Beim deutschen Vorentscheid ist diese Masse nicht so groß und angesichts der Konkurrenz würde der Titel sicherlich einige Anruferstimmen einbringen, sofern er denn ins Super-Finale kommt. So halte ich es für durchaus möglich, dass "Lovers on Mars" heute Abend gewinnt.

Im wohl größten internationalen Fan-Voting auf MyEurovisionScoreboard liegt "Lovers on Mars" unter den neun Finalisten auf Platz 3. Bei mir persönlich ist es die #6 der neun. Meine Prognose des Beitrags beim ESC: Platz 18 bis 26.

Die Band The Great Leslie galt als einer der Top-Favoriten, als die 24 Acts verkündet wurden, die beim deutschen Vorentscheid live performen dürfen. Mit interessanten Persönlichkeiten auf der Bühne und einer Stimmfarbe mit Wiedererkennungswert, gibt die Band sowohl einen sympathischen, geerdeten Eindruck, als auch einen mit Superstar Potential ab. Nachdem aber klar wurde mit welchem Song The Great Leslie antritt, fielen die Chancen in den Keller. Manchmal ist es so einfach wie in diesem Beispiel: Der Song ist schlichtergreifend viel zu schwach. In internationalen Reaktionen darauf würdigen ESC-Fans die Band und ihren Auftritt, sind sich aber einig dass dem Song alles fehlt, was ein ESC-Titel braucht. Vielleicht würde die Band als Solche noch von wenigen, einzelnen Jurymitgliedern mit Trostpunkten für das Potential beschenkt werden. Im Vereinigten Königreich, Irland und Australien könnten sogar ein paar Leute dafür anrufen. Außerhalb davon haut das aber niemanden so sehr vom Hocker, dass es in Basel als der eine persönliche Favorit auserkoren wird. Vielleicht tritt The Great Leslie in einem anderen Jahr mit einem besseren Song an. In diesen Tagen wird "These Days" wohl kaum genügend Anrufe erhalten, um bei Chefsache ESC am Ende ganz vorne zu landen.

Das internationale Fan-Voting spiegelt Dies mit dem 8. Platz. Ich habe den 7. Platz dafür übrig. Meine ESC-Prognose: Platz 23-26.

Cosby erfüllt in etwa das, was sich von The Great Leslie erhofft wurde. Die Band bringt optisch einen interessanten Auftritt, auch wenn das Staging des Halbfinals von einigen noch kritisiert wird; Die Bandmitglieder wirkten nicht wie eine Einheit. Der Song "I´m still here" wirft musikalisch einen etwas anderen Ton an, als das was beim ESC übrlicherweise läuft und kann damit zunächst das Interesse der Zuschauer gewinnen. Der Song ist stimmlich sehr gut performt und hat eine interessante Struktur mit vielen verschiedenen Phasen und Momenten. Ein Höhepunkt reiht sich an den anderen, es kommt immer ein wenig etwas Neues und wird bis zum Ende nicht langweilig. Hinzu kommt eine überdurchschnittlich starke Message mit relativ leicht zu verstehendem Text. Es ist ein Auftritt mit dem Deutschland in Basel keinesfalls schlecht aussehen würde. Für den ganz großen Wurf ist das Gesamtpaket aber dann doch zu wenig. Da hat es in der Vergangenheit schon sträkere Band-Auftritte mit ähnlicher Musik beim ESC gegeben. Heute Abend sehe ich gute Chancen auf einen Sieg von Cosby.

Im internationalen Fan-Voting liegt Cosby auf Platz 2. Auch von mir gibt es den 2. Platz unter den Finalisten. Meine ESC-Prognose: Platz 13-22, mehr Punkte von der Jury als vom Publikum.

Benjamin Braatz erinnert mit seinem Auftritt zu "Like you love me", ähnlich wie The Great Leslie, auch an die britische Musikszene vor einigen Jahrzehnten. Aserbaidschan hat vor zwei Jahren ähnliches beim ESC versucht, wie es nun Benjamin tut. Die Zwillinge Tural und Turan haben mit einem gewissen Niedlichkeitsfaktor in Liverpool, auf den Spuren der Beatles, mit ihrem Liedchen über ein spezielles Liebesgefühl jedoch nur Platz 14 im Halbfinale (4 Punkte) erreicht und damit das Finale verpasst. Leider müssen wir bei Benjamin Braatz ähnliches erwarten, auch wenn die Jury vielleicht noch ein wenig nachhelfen könnte, die im Halbfinale 2023 nach den Regeländerungen nicht abstimmen durfte. "Like you love me" hat nur ganz wenige Fans. Für die meisten ist das Lied einfach zu langweilig. Sollte es heute Abend das Televoting erreichen gehe ich dort von einem letzten Platz aus. Auch wenn der große weiße Stuhl an die "Liebe ist für alle da" Performance von Leonora aus Dänemark 2019 erinnert, hatte Leonora einen anderen Charme und eine packendere Melodie zum Schunkeln, die deutlich mehr Herzen erreichen konnte. "Love is Forever" belegte in Tel Aviv Platz 12. Mein erster Gedanke ging beim Halbfinalauftritt an "Me and My Guitar", Belgien 2010. Allerdings kommt Benjamin leider bei Weitem nicht an dieses Meisterwerk heran, das beim ESC mit Platz 6 belohnt wurde. Und auch die vielen Vergleiche mit dem unschuldigen Finnen, der 2011 vor einem überdimensionalen Planeten "Da da dam" trellerte hinken im Niedlichkeitsfaktor. Auch Dieser erreichte beim ESC nur Platz 21, obwohl er vielen bis Heute gut in Erinnerung bleibt.

Im internationalen Fan-Voting liegt "Like you love me" unter den Finalisten auf dem 9., also letzten Platz. Ich mag das Lied und den Auftritt und vergebe Platz 3 im Finale. Meine ESC-Prognose: null Punkte vom Publikum, maximal ein paar wenige Punkte von der Jury. Vielleicht letzter Platz.

Der Song "Empress" von Julika klingt im Schnelldurchlauf zwar wie eine solide ESC-Nummer, hat aber keinerlei Höhepunkt, keine "Hook-Line", wie es in der Show schon hieß. Es fehlt der Grund dafür anzurufen und wenn wir ehrlich sind, fehlt auch das Gewisse Etwas. Das Staging wird von manchen als hochwertig bewertet. Andere sagen dass dort nichts zusammenpasst und auch nicht zum Song. Ich schätze in Basel würde sich niemand für diesen Beitrag interessieren. Auch schätze ich die Chancen für heute Abend eher gering ein, mit dem Sieg herauszugehen. Ich sehe was dieser Beitrag eigentlich sein soll, was die Künstlerische Vision war, die ist aber leider auf ganzer Linie nicht erreicht wurden.

Im internationalen Fan-Voting ist "Empress" auf Platz 5. Bei mir reicht es nur für Platz 8 der Finalisten. Meine ESC-Prognose: 25.-26. Platz.

"This Bliss" von Leonora schreit nach der Kombination aus Black Smoke (Deutschland) und The Makemakes (Österreich). Beides endete 2015 mit null Punkten. Der Song mag künstlerisch wertvoll sein, aber dafür ruft beim ESC Heute niemand mehr an. Auch fünfköpfige nationale Jurygruppen bewerten das nur mit Platz 15-20 = null Punkten. Mit diesem Auftritt würden wir uns sicherlich nicht blamieren, aber er wäre aus meiner Sicht ganz eindeutig die schlechteste Wahl, wenn es um das Ergebnis geht. Ich glaube dass Stefan Raab darin etwas von seinem ESC-Beitrag mit Max Mutzke, "Can`t wait until tonight" sieht. Aber das was den Appeal von Max' Auftritt in Istanbul 2004 ausmacht, fehlt hier. Außerdem hat sich der ESC in diesen 21 Jahren verändert. Den 8. Platz von Max können wir damit nicht wiederholen. In einem möglichen Televoting heute Abend sehe ich den Titel auch weitestgehend chancenlos. Ich glaube hier verhält es sich ähnlich wie mit "Empress"; Die künstlerische Vision ist erkennbar, wurde aber nicht erreicht.

Im internationalen Fan-Voting belegt "This Bliss" Platz 7 unter den Finalisten. Bei mir ist es der letzte Platz. Meine ESC-Prognose: "I'm sorry Germany, zero points overall"

Moss Kena hat als Einziger im Halbfinale bei mir einen richtig magischen Moment erzeugen können. Drei Minuten das Publikum zu fesseln und es dann mit Begeisterung zurücklassen, wer das schafft landet beim ESC weit vorne, denn dann haben Zuschauende den Impuls dafür anzurufen und auch die Jury lässt das nicht kalt. Auch viele andere schildern, diesen Effekt bei dieser Ballade zu haben. Andere finden den Titel einfach nur langweilig, aber das ist der Normalfall bei Balladen, auch bei denen, die den ESC gewinnen. Derzeit stehen 23 der 37 Teilnahmebeiträge für Basel öffentlich fest. Bislang haben wir ungefähr drei Balladen im Jahrgang, von denen womöglich nicht alle ins Finale kommen werden. Die Zuschauer, die den ganzen Abend auf schöne Balladen warten, würden mit "Nothing can stop Love" endlich erlöst und verzaubert werden. Außerdem könnte es sein, dass sich Jurypunkte, die tendenziell eher an Balladen, als an Uptempo-Songs gehen, dieses Jahr auf weniger Beiträge verteilen und mehr für Moss Kena rausspringt. Es könnte vielleicht gar nicht so verkehrt sein, diese Nummer nach Basel zu schicken. Vielleicht würden wir damit am meisten Punkte einsammeln. Ich denke dass dieser Titel heute in einem Televoting realistische Chancen auf einen Sieg hätte, obwohl sich scheinbar viele Deutsche daran stören, dass Moss Kena nicht gut deutsch spricht.

Im internationalen Fan-Voting belegt "Nothing can stop Love" Platz 6. Es ist mein persönlicher Favorit unter den Finalisten. Meine ESC-Prognose: Bei den Jurys: Platz 5-16, insgesamt: Platz 10-20.

Feuerschwanz ist seit Jahren im Gespräch für Deutschland zum ESC zu fahren. Nun sind sie endlich im deutschen Vorentscheid. Nur sind die meisten Feuerschwanz-Fans sehr enttäuscht, denn der Song "Knightclub" wird als einer der schwächsten im langjährigen Repairtoire der Mittelalter-Band gesehen. Deshalb wünsche ich mir für Feuerschwanz, dass sie in einem anderen Jahr mit einem besseren Song zum ESC fahren. Ob die vielen Feuerschwanz-Fans heute Abend trotzdem für ihre Band abstimmen werden ist unklar. Nach der Prognose vieler, wird Feuerschwanz heute Abend gewinnen, alleine schon aufgrund der viel größeren Fanbase, als die aller anderen Finalisten. Hinzu dürften eine Menge Anrufe kommen, von "Casual Viewern", die das für einen guten Versuch beim ESC halten, wegen der auffälligen Outfits und weil es kein typischer Radiopop ist, wie sonst beim deutschen Vorentscheid. Andere fühlen sich mit Blick auf den letzten Platz von Lord of the Lost vor zwei Jahren abgeschreckt, für Feuerschwanz anzurufen. Doch ich denke dass diese beiden Beiträge sehr unterschiedlich sind und auch anders funktionieren. Nur funktioniert "Knightclub" aus meiner Sicht nicht wirklich. Es gibt eine wirklich gute "Hook-Line" ("Fight me in the Knightclub"), aber leider bietet der Song nicht mehr und der Ohrwurmfaktor von anderen Feuerschwanz-Titeln ist auch deutlich höher. Insgesamt ist das Musikalische einfach zu schwach um in Europa einzuschlagen. Aus diesem Grund (nicht wegen Ähnlichkeiten zu Lord of the Lost), fürchte ich, wird es kein gutes Ergebnis hierfür in Basel geben.

Stefan Raab hat zwischen dem Halbfinale und Finale kurzfristig die Regeln geändert. Im Finale wird die Jury zunächst noch einmal vier Beiträge aussortieren, nachdem alle neun Songs, sowie neun Coversongs performt wurden. Erst danach kann das Publikum über die übrigen fünf Beiträge abstimmen. Es ist eindeutig, dass dies ursprünglich anders geplant war. Ich folge der populären These, dass Stefan Raab die Regeln entsprechen änderte, um Feuerschwanz für die Einschalt-Quote mit ins Finale nehmen zu können, dort dann aber rausschmeißen kann, damit sie nicht gewinnen, weil er merkt, dass der Song doch zu schwach ist. Ich wünsche mir auch dieses Szenario. Für Deutschland beim ESC und für Feuerschwanz - damit sie in einem anderen Jahr mit einem viel besseren Song den ESC rocken.

Im internationalen Fan-Voting wird der Song auf den 4. Platz gewählt. Bei mir ist es Platz 5 unter den Finalisten. Meine ESC-Prognose: Platz 22-26, vielleicht null Punkte von der Jury.

Der große Favorit heute Abend ist "Baller" von Abor & Tynna. Es ist der einzige Song der international nennenswert Anklang findet, auch wenn dieser begrenzt ist. Deutsche ESC-Fans betteln in den Sozialen Medien andere ESC-Fans an für "Baller" abzustimmen um Deutschland zu retten, denn man darf auch aus dem Ausland abstimmen. Wie das geht, wird wohl erst in der Show selbst erklärt. Ich halte es auch für das wahrscheinlichste Szenario dass "Baller" heute das Televoting gewinnt, sogar wenn Feuerschwanz ins Televoting gelassen wird. Ich glaube auch dass wir damit die größten Chancen beim ESC haben, würde mir aber SEHR wünschen, dass Stefan Raab den Song noch einmal einem Revamp unterzieht, das live auf der Bühne funktioniert. Sonst könnte es uns so gehen wie Österreich 2022, die mit "Halo" vom DJ LUM!X als einer der Favoriten auf den Sieg galten - bis der Song erstmals live performt wurde. Schlussendlich reichte es nicht einmal fürs Finale. Auch das Staging von "Baller" muss komplett neu gestaltet werden, aber dafür ist ja noch Zeit. Wie der überarbeitete Beitrag dann in Basel abschneiden würde, finde ich schwierig vorherzusagen. Aber eine Chance auf viele Punkte haben wir wohl am ehesten hiermit.

Im internationalen Fan-Voting ist "Baller" mit deutlichem Abstand auf Platz 1. Bei mir persönlich ist es der 4. Platz unter den Finalisten. Meine ESC-Prognose: 8.-26. Platz (genauer kann ich`s derzeit nicht machen)

Stefan Raab wird sicherlich scheitern mit seinem Ziel den ESC dieses Jahr zu gewinnen. In den Wettquoten um den Sieg ist Deutschland seit der ersten Show von Chefsache ESC von Platz 10 auf Platz 23 gefallen, mit inzwischen nur noch 1% Wahrscheinlichkeit auf den Sieg. Das spiegelt auch die internationalen Reaktionen auf die Shows wider. Ich bin enttäuscht von Stefan Raab. Nicht weil er nicht gewinnen wird, sondern weil er nicht an den Songs mitwirkt. Dass wir wahrscheinlich nicht den ESC-Siegersong unter 3.800 Bewerbungen haben werden war doch klar. Raab kann Songs produzieren - und das sehr erfolgreich - in vielen verschiedenen Musikrichtungen. Warum hat er nicht selbst Hand angelegt? Das hatte ich mir unter "Chefsache ESC" vorgestellt. War es die falsche Entscheidung vom NDR sich das Diktat von Stefan Raab heran zu holen? Nein. Es ist das letzte Jahr des NDR und seit mehreren Jahren bettelt der NDR förmlich darum, den ESC endlich an eine andere Rundfunkanstalt abgeben zu dürfen. Wir hätten nicht viel zu erwarten gehabt vom NDR in diesem Jahr, also war es den Versuch wert an Stefan Raab abzugeben. Dieser hat sich aber in den bisherigen drei Shows mit seinen Kommentaren und Entscheidungen so präsentiert, dass er nicht viel Ahnung vom ESC und dem heutigen ESC hat. Ich hoffe dass dieses Format nächstes Jahr nicht wiederholt wird. Und ich hoffe dass From Fall to Spring endlich eine verdiente Chance bekommt zum ESC zu fahren. Für heute Abend wünsche ich allen Acts gutes Gelingen.

Sonntag, 2. Juni 2024

ESC 2014-2024 (21/45): Finnland

Finnland landet bei mir entweder weit unten, oder weit oben. Ein Dazwischen scheint es nicht zu geben. Entsprechend gespalten ist auch mein Gefühl zu diesem ESC-Land.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 25. (37./27./9.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 3. 2018

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 40. 2015

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 2. mit 526 Punkten 2023

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 17. im Semi mit 23 Punkten 2019

Als "No Rules!" den Vorentscheid gewann - obwohl es nicht als Favorit galt - habe ich mich riesig gefreut, denn ich wusste dass es damit in dem Jahr einen Beitrag geben wird, der für mich ein würdiger (persönlicher) ESC-Sieger ist, egal was die anderen Länder machen. Dieser Song ist für mich in erster Linie eine ultra starke Komposition. Mir fällt kein Stimmungsmacher ein, der mehr Stimmung macht, als dieser. Kein Stimmungsmachersong versetzt mich so sehr in Ekstase wie dieser. Diese Komposition hat aus meiner Sicht einen ESC-Sieg, oder einen zweiten Platz, verdient. Nebenbei liefert das Duo eine originelle Bühnenshow ab, mit der sie die Hütte abreißen. Es ist ein epischer Beitrag der ESC-Geschichte. Obwohl der Song vor allem ein Stimmungsmacher ist (und was für einer!), hat er eine berührende Message, die auch optisch umgesetzt ist. Widersetze dich dem, was die Gesellschaft von dir erwartet. Mache das, was du möchtest, was dich glücklich macht, egal ob andere das komisch finden, denn nur dann kannst du frei und glücklich leben. Wie der Text im Detail geschrieben ist, ist für mich besonders berührend und kraftschenkend. Der Jahrgang 2024 wurde so stark, dass ich "No Rules!" am Ende nur auf Platz vier setzen konnte, aber es wäre ein würdiger ESC-Sieger, mit allem was einen Solchen ausmacht. Es ist mein Lieblingsbeitrag aus Finnland.


Ich liebe Saara Aalto als Sängerin. Als ich erfuhr, dass YLE einen Vorentscheid, ausschließlich mit Liedern von Saara Aalto plante, ging für mich ein Wunschtraum in Erfüllung. Ich liebe auch alles an dem Song "Monsters" an sich. Die Monster unter dem Bett haben eine symbolische Bedeutung, in die alle ihre eigenen "Monster unter dem Bett", die einem Angst machen, hineininterpretieren könnnen, die sie nun überwunden haben. Auch das Staging ist phänomenal geworden. Am Ende reichte der Beitrag für meine Bronzemedaille des Jahres, ganz nah an der Silbermedaille, aber nicht für meine #1 aus Finnland.

Außerhalb des ESCs höre ich keinen Rock, und doch punkten einige Rocksongs beim ESC in meiner Gunst ganz besonders gut. Wenn ich "Dark Side" höre, fühle ich mich für drei Minuten ein bisschen wie ein eingefleischter Rock-Fan. Es geht beim ESC nicht um das Genre, sondern darum, wie gut das, was es sein soll, umgesetzt ist - und das ist es bei diesem Beitrag ganz hervorragend.

Ein wunderschöner Herzschmerzsong ist "Blackbird". Am Fenster des Lyrischen Ichs sitzt seit jeher ein schwarzer Vogel, der singt. Er singt auch, wenn der Geliebte des Lyrischen Ichs an dessen Seite in dessen Bett liegt und das Herz des Lyrischen Ichs singt. Doch nun ist der Geliebte weg. Er kommt nie wieder. Das Lyrische Ich wird nie wieder das haben, was so schön war. Der schwarze Vogel ist geblieben und sein Gesang erinnert das Lyrische Ich immer wieder und wieder an diese schmerzhaft-schönen Erinnerungen, nach denen es sich sehnt, die es aber nie wieder erreichen kann. Dieser Pianosong mit modernen Klängen vermittelt dieses spezifische Gefühl so, dass mir die Tränen in die Augen schießen. Warum mich das zum Zeitpunkt des Wettbewerbs noch weitgehend kalt gelassen hat, ist mir Heute ein Rätsel.

Die Weltstars The Rasmus treten für den ESC an. Nicht mit dem Besten, aber mit einem der besten Songs aus ihrem Repertoire. Es ist ein Song über die auffällige Frau "Jezebel", die mit ihrem Auftreten alle Blicke in ihren Bann zieht. Die Inszenierung auf der Bühne ist besonders gut gelungen und bleibt im Kopf. Ich wundere mich immernoch darüber, wie The Rasmus mit so einem Banger ein verhältnismäßig schwaches Ergebnis erhalten konnte.

Kürzlich hat sich Finnland einen Vorentscheid erarbeitet, der zu Recht als einer der Vorzeigevorentscheide betrachtet wird. Das ist YLE durch viel gezielte Arbeit gelungen. Ich freue mich darauf, was für hochwertige Musikstücke uns dieser Vorentscheid in Zukunft bringen wird, denn bei Uuden Musiikin Kilpailu werden nicht nur die Siegertitel zu Fanfavouriten, sondern auch viele weitere Beiträge. So konnte aus dem fünften und dem letzten Platz(!) des letztjährigen Vorentscheids die aus meiner Sicht beste und epischste Eröffnungsnummer einer Show der diesjährigen Vorentscheidssaison gebastelt werden. Das unterstreicht die neue Qualität des finnischen Vorentscheides.

Mein Ranking der finnischen Beiträge 2014-2024:


Samstag, 1. Juni 2024

ESC 2014-2024 (20/45): Nordmazedonien

Nordmazedonien wird beim ESC mit Montenegro in einem Atemzug genannt. Beide Länder haben ganz ähnliche Umstände um ihre Beiträge für den ESC. Dennoch finde ich, dass Nordmazedonien aus seinen Möglichkeiten viel mehr macht, als Montenegro. Erst recht unter Anbetracht der geringen Möglichkeiten von Nordmazedonien, ist der 26. Platz in meinem Ranking beachtlich.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 26. (17./25./32.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 6. 2019

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 34. 2014

Teilnahmen 2014-2024: 8

Bestes Ergebnis beim ESC: 7. mit 305 Punkten 2019

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 18. im Semi mit 24 Punkten 2018

"Proud" war 2019 schon die ganze Saison über einer meiner Favoriten. Ich freue mich sehr, dass andere diesen Beitrag zu den Proben auch entdeckt haben. Noch mehr freue ich mich über den verdienten Sieg des Juryvotings. Nordmazedonien gewinnt das Juryvoting! Nordmazedonien, das Land, das seit 2012 nicht mehr im Finale war. Nordmazedonien, das Land, das noch nie die Top 10 erreichen konnte. Dieses Nordmazedonien gewinnt mit einer simpel, aber genial inszenierten Ballade das Juryvoting! Selbst fünf Jahre später finde ich das noch unglaublich. Das war für mich damals der beste Beweis dafür, dass jedes Land den ESC gewinnen kann, auch mit wenig Geld, es braucht dafür nur gute Kunst.

Tamara Todevska singt darüber, wie Mädchen immerzu erzählt wird, wie sie sich zu benehmen hätten, wie sie schließlich dazu gebracht werden sich einzuschränken und von anderen abhängig zu werden. Der Fokus des Liedes liegt auf dem Stolz, den Tamara den Zuhörenden geben möchte, das zu überwinden. Selbstbewusst und stark zu werden und zu sein. Anderen zu zeigen, dass sie mit diesen Geschlechterzuordnungen falsch liegen. Dieser Stolz wird von diesem Auftritt verkörpert, wie kein anderer. Ich spüre ihn bei jedem Hören des Liedes, er ist so kraftvoll. Dazu trägt Tamara auf der Bühne die Farben des Feminismus. Es ist ein Beitrag der nichts Geringeres, als zu Recht ESC-Geschichte geschrieben hat, und obwohl ich nichts mit Nordmazedonien zu tun habe, bin ich sehr stolz darauf.


Mit "Dance alone" wurde Nordmazedonien 2017 erstmals die Chance auf eine Top 10-Platzierung zugemutet. Es ist einer dieser vielen Songs, darüber, was Musik emotional in einem alles auslösen kann, wenn man sie alleine hört. Das ist nichts Neues, aber trotzdem sehr gut und im Musikvideo mit einer neuen, berührenden Komponente umgesetzt. Letztlich scheiterte der Erfolg vor allem am schlechten Staging, was wiederum vor allem am fehlenden Geld lag. Und so mag auch ich den Beitrag sehr, aber für was richtig Großes fehlt einiges.

Am 12. November 2014 sah ich mit dem "Skopje Fest" meinen ersten nationalen Vorentscheid außerhalb Deutschlands. Ich schaute ausländisches Fernsehen, dessen Sprache ich kein bisschen verstand. Es war kein hochwertiger Vorentscheid, aber ich hatte Gefallen daran. Es gab mir das Gefühl, etwas zu tun, was mich mit anderen Kulturen verbindet, und dass ich diese Kulturen zelebriere. Aus diesem Vorentscheid ging der ESC-Beitrag "Autumn Leaves" hervor. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich diesen Beitrag bis Heute vor allen verteidige, die ihn als schlecht abtun. Vielleicht ist es auch wirklich der instrumentelle Teil des Songs, den ich gut finde. Auf jeden Fall denke ich bei diesem Beitrag immer an die Erfahrung meinen ersten Vorentscheid im ausländischen Fernsehen gesehen zu haben. Etwas, das Außenstehende bestimmt verrückt finden, zu mindest denke ich das immer. Ich habe mich dabei auch verrückt gefühlt. Ich fühle mich das auch immernoch, wenn ich an einem Samstagabend versuche, zahlreiche Streams in unterschiedlichen Fremdsprachen, die ich nicht verstehe, gleichzeitig zu verfolgen. Aber es macht mich glücklich. 💜

Immer wieder denke ich über ESC-Beiträge, dass sie eigentlich gut sind und man nichts gegen sie sagen kann, nur dass ihnen das entscheidende Gewisse Etwas fehlt. Bei "Dona" von Kaliopi ist das umgekehrt. Das Gewisse Etwas ist voll da, nur am Rest fehlt es leider. "Here I stand" ist musikalisch etwas anderes, als das, woran unsere Ohren gewöhnt sind. Das finde ich erfrischend. Es gefällt mir. Nur sind meine Ohren zu sehr an anderes gewöhnt, als dass ich diesen Song herausagend mögen kann.

"Circles" ist einer dieser vielen Beiträge, die eigentlich gut sind, denen aber das Gewisse Etwas fehlt. "To the Sky" ist zwar ein Qualitätsbeitrag, der auch von den Melodifestivalen stammen könnte, nur wirkt er auf mich auch so kalt, herzlos, kunstlos, glattgebügelt, wie viele Beiträge der schwedischen Melodifestivalen.

Ich hoffe dass ganz bald wieder das Geld reicht, damit Nordmazedonien am ESC teilnehmen kann.

Mein Ranking der nordmazedonischen Beiträge 2014-2024:


Freitag, 31. Mai 2024

ESC 2014-2024 (19/45): Malta

Beim Erstellen dieses Posts ist mir aufgefallen, dass ich die Beiträge von Malta Heute oft deutlich besser oder schlechter bewerte, als ich es damals jeweils anscheinend tat. Insgesamt ist das Niveau Maltas aus meiner Sicht durchmischt.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 27. (29./21./26.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 4. 2018

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 36. 2017

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 7. mit 255 Punkten 2021

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 16. im Semi mit 13 Punkten 2024

Meine #1 aus Malta ist "Taboo". Der Song hat so viel Feuer und mitreißenden musikalischen Tiefgang! Dazu ein zur Stimmung passender Text; Wir müssen Tabus brechen, damit wir nicht zu Tieren werden und alles den Bach runter geht. Habt die Power und durchbricht Tabus! Das ist vor allem in der Komposition so stark umgesetzt, dass "Taboo" 2018 sehr nah an meiner Silber- und Bronzemedaille dran war. Heute bin ich froh, dass ich mich so rum entschieden habe, denn ich würde "Taboo" Heute nicht aufs Podest setzen. Der Beitrag hat ein klein wenig an Intensität für mich verloren, bleibt aber das Beste Maltas.


"Warrior" ist super kraftvoll und einfach eine High Quality Produktion, die bei mir voll und ganz ankommt - wennauch ich Heute den Beitrag vielleicht nicht mehr in meine Top 10 setzen würde. Etwas Besonderes ist er nicht wirklich.

Ein riesen Stimmungsmacher mit einem anderen Sound als das Übliche ist "Chameleon". Dieses besonders gelungene Staging strahlt drei Minuten lang pure Lebensfreude, Sympathie, Farbe und alles Schöne auf dieser Welt aus. Der Song ist für mich ein Jahre andauernder Ohrwurm. Ich wundere mich darüber, dass ich den Beitrag damals nur auf Platz 30 setzte. Ganz ähnlich strotzen The Busker mit ihrem originellen Auftritt von "Dance (Our own Party)" nur so vor Lebensfreude. Es sind zwei Beiträge, die mit mehr musikalischem Pfeffer, ganz weit vorne hätten landen können.

Mit "Je me casse" und Destiny hatte Malta einen Beitrag in der Tasche, dessen Devise nichts anderes als der ESC-Sieg war. Dafür war der Beitrag auf den meisten Ebenen schlicht zu wenig von allem. Eine Eurovision-Ikone ist Destiny natürlich trotzdem. Sie war die erste Sängerin, dessen Junior-ESC-Sieg ich live gesehen habe. Sie als Person gibt dem Beitrag ein ganz anderes Niveau. Auch wenn Malta enttäuscht ist, damit nicht gewonnen zu haben, sehe ich es eher so, dass der Beitrag mit einer anderen Front-Person überhaupt nichts geworden wäre und Destiny ihn zu dem gemacht hat, was er ist.

Malta fährt in den letzten Jahren mit seinem Vorentscheid die Strategie der Masse statt Klasse. Ich habe meine Bedenken, dass das der beste Weg ist, um einen qualitativ hochwertigen ESC-Beitrag auf die Bühne zu bringen, der Europa begeistert. Gerade als kleines Land lässt sich mit dem gezielten Erarbeiten eines Projektes vielleicht mehr erreichen. In Malta hat der ESC einen so hohen Stellenwert wie in vielleicht keinem anderen Land. Dort wird das gelebt, was ich mir in jedem Land zum ESC wünschen würde. Deshalb wünsche ich mir für Malta, dass sie in Zukunft konstanter starke Beiträge auf die Bühne bringen können. Einem Sieg waren sie mehrmals nahe. Wir wissen also dass Malta es kann...

Mein Ranking der maltesischen Beiträge 2014-2024:


Donnerstag, 30. Mai 2024

ESC 2014-2024 (18/45): Aserbaidschan

Aserbaidschan hat in seiner zweiten bis sechsten Teilnahme 2009 bis 2013 im Wettbewerb die beeindruckenden Plätze 1, 2, 3, 4, und 5 belegt. Pünktlich zu meinem ESC-Hardcore-Fan-Dasein 2014 verschlechterten sich die Ergebnisse. Trotzdem halte ich die aserbaidschanischen Beiträge für solide. Keiner davon ist in meinen Augen ein Totalausfall. Das können nicht viele Länder von sich behaupten.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 28. (31./22./27.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 5. 2022

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 34. 2019

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 8. mit 302 Punkten 2019

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 14. im Semi mit 4 Punkten 2023

Der beste Beitrag ist für mich "Fade to Black". Es lässt sich gar nicht so viel dazu sagen. Der Beitrag spricht für sich. Es ist eine dieser Powerballaden die das übersteigen, was ich mir von einer idealen Powerballade wünsche. Die Komposition ist so mitreißend wie kaum etwas anderes. Die stimmliche Performance der absolute Wahnsinn. Dazu ein gutes Staging und ein sehr guter Text, der mit künstlerischen Kontrasten spielt. Was will man mehr? Als ich diesen Song zum ersten Mal hörte, dachte ich "Aserbaidschan ist zurück als sicherer Top 10-Kandidat". Schade, dass nicht so viele Leute diese Meinung teilten.


Eine weitere Ballade, die Heraussticht, ist "Start a Fire". Mich überzeugt vor allem das stimmige Gesamtpaket aus allen Komponenten die einen guten ESC-Beitrag ausmachen. Am meisten mag ich den instrumentellen und stimmlichen Sound des Auftritts. Dieses Lied habe ich zu einem besonderen Lied für mein Leben ausgewählt. Ich hörte es, um mich für Veränderungen von mir selbst zu motivieren, als ich versuchte alles an mir zu ändern und die ehemalige Person hinter mir zu lassen, um in ein neues, anderes Leben zu starten. Deshalb hat dieses Lied für mich eine noch größere, tiefergehende Bedeutung gewonnen. Es trägt diese Bedeutung, weil ich es dafür auswahl - und das tat ich nicht ohne Grund. Start a Fire. Das singe ich mir auch zehn Jahre nach diesem Auftritt immer wieder.

Ich liebe "Skeletons"! Es ist eine der ESC-Melodien, die am häufigsten in meinem Kopf aufploppen. Die ganze Attitude des Beitrags ist das was überzeugt. Den tief durchdachten Bühnenauftritt finde ich ganz nebenbei genial! Heute würde ich den Beitrag wohl höher ranken als damals.

Tural und Turan ist so schnuckig süß zusammen. Das löst gliternde Freude in mir aus und ich bin einfach nur glücklich. Die gute Melodie des Liedes ist dafür entscheidend. Durch das extrem langsame Singtempo in Teilen des Liedes, entschleunigt und beruhigt es noch obendrein. Ein Lied zum Wohlfühlen. 😊

"Hour of the Wolf" hat eine der schönsten Choreographien, die wir jemals auf der ESC-Bühne gesehen haben. Diese tänzerischen Ausführungen heben auch die Schönheit des Liedes für mich ein großes Stück an. Es ist ein echter ESC-Qualitätsbeitrag. Dieser Satz trifft auch auf "Özünla Apar" zu. Wie viele Songs aus Aserbaidschan brilliert auch er vor allem mit einer mitreißenden Melodie, aber auch mit anderen Elementen.

"X my Heart" ist ein schöner Song zum Glücklichsein. Mit "Mata Hari" haben wir natürlich ein Kunstwerk das im Kopf bleibt. Anders als der Song von 2020, ist er mir musikalisch aber viel zu dünn und letztlich auch zu dünn performt. Das hätte mehr Ausstrahlung und Spannung in jeder Haarspitze jeden Moments gebraucht, um was richtig Großes zu sein.

Alle wissen, dass die Teilnahme von Aserbaidschan am ESC ein White-Washing-Programm des Staates ist. Aber auch wenn es das auf Aserbaidschan mehr, als auf andere Länder zutreffen mag, hat letztlich jedes Land durch seine ESC-Teilnahmen diesen Imageeffekt. Deshalb finde ich es legitim, dass dieses Land den ESC mit seinen Beiträgen bereichert.

Mein Ranking der aserbaidschanischen Beiträge 2014-2024:


Mittwoch, 29. Mai 2024

ESC 2014-2024 (17/45): Griechenland

Griechenland schickt oft Beiträge mit denen ich gar nichts anfangen kann, aber auch immer wieder ganz große Sachen.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 29. (33./24./25.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 4. 2023

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 37. 2018

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 8. mit 215 Punkten 2022

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 16. im Semi mit 44 Punkten 2016

Am meisten hat mich Griechenland mit Victor Vernico' "What they say" umgehauen. Schon nachdem der Sänger bekanntgegeben wurde, war ich begeistert und fing sofort an seine Musik rauf und runter zu hören. Ich liebe seine Musik und noch mehr seine Stimme! Der ESC-Song war für mich dann eine kleine Enttäuschung weil ich sein Repertoir kannte und es darin Besseres gab. Meine Erwartungen waren riesig. Für Platz vier in meinem Ranking von 2023 reicht es aber trotzdem. Ganz entgegen der allgemeinen Meinung dass der Song "superbland Radiopop" sei, würde ich nie auf die Idee kommen, ihn als radiotauglich zu bezeichnen. Viel zu tiefgründig ist der geniale Text über die Schmerzen des Lebens. In den richtigen Momenten folgen auf die schmerzhaftesten Wörter musikalische Einlässe, die deren Wirkung enorm verstärken. Eine wirklich besondere Komposition, kombiniert mit einer noch besondereren Stimme. Mir egal was andere sagen. Mich bringt der Song zum weinen, mitfiebern, Schmerz und Einsamkeit spüren. Er macht mich euphorisch und traurig, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Das ist ganz große Musik!


Über "Die together" könnte ich stundenlang schwärmen. Der Text ist ein Meisterwerk! So viele verschiedene Emotionen werden innerhalb von Sekunden dadurch hervorgerufen. Ich interpretiere den Text so, dass die beiden Figuren des Liedes überlegen, ob sie zusammen Selbstmord begehen. Die Lebensumstände sind schwierig, aber so wären sie auf ewig vereint. Auch die Inszenierung auf der Bühne, mit den verlaufenden Stühlen unterstützt das Gefühlschaos dieser tollen Musik. Auch über dieses Lied habe ich schon viel geweint.

Das Beste an "Better Love" ist natürlich die Inszenierung auf der Bühne. Sie beinhaltet fast so viele Hidden Meanings wie die Musikvideos von Katy Perry. Doch diese Analyse zu schreiben, wäre viel zu lang für diesen Post. "Last Dance" ist ein sehr solider Vorzeigepopsong. Auch hier ist das Staging wieder herausragend. Auch wenn die Idee an sich nichts Neues ist, ist diese Bühnenshow mit dieser Umsetzung in meinen Augen ein kleines Stück Showgeschichte beim ESC.

"This is Love" ist schlicht gute Musik. Allerdings muss ich sie 2017 noch deutlich besser gefunden haben, als Heute. "Utopian Land" hält den Rekord des schlechtesten Ergebnisses in der Geschichte Griechenlands. Ich kann aber nicht nachvollziehen, warum so schlecht über diesen Beitrag gesprochen wird. Das ist Ethno-Musik mit dem Gewissen Etwas. Durch die eingebauten (Trommel-)Beats, ist es auch nicht zu schwierig mit westeuropäischem Ohr da reinzufinden. Abwechslungsreich ist das Lied auch, es wird nie langweilig. Die Inszenierung auf der Bühne ist toll und zelebriert die griechische Kultur. Manchmal erinnert mich das Lied an meine "Hase Felix"-CD, die ich als Kind gehört habe.

Mein Ranking der griechischen Beiträge 2014-2024:


Dienstag, 28. Mai 2024

ESC 2014-2024 (16/45): Spanien

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 30. (27./20./39.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 9. 2021

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 39. 2017

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 3. mit 459 Punkten 2022

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 26. mit 5 Punkten 2017

Mein Favorit aus Spanien ist "Tu Canción" von Amaia und Alfred. Ich liebe diese Melodie so abgöttisch! Die beiden frisch und Hals über Kopf Verliebten auf der Bühne zu sehen, wie sie diesen Moment zusammen genießen, mit all den Gefühlen die sie überströmen. Jedes Mal schmelze ich vollends dahin! Zusammen mit dieser wunderschönen Melodie ist dieses Gesamtpaket so unendlich schön. Einfach zum genießen und Glücklichsein 💞


"Zorra" macht einfach unglaublich viel Spaß. Noch viel wichtiger als das, ist aber die Message, das Gefühl von Selbstbewusstsein und Freiheit, das dieser Song verbreitet. Eine Dame im gereiften Körper singt darüber dass andere ihr vorschrieben wie, wann und mit wem sie Sex zu haben hat. Davon hat sie sich aber befreit und lebt nun in sexueller Selbstbestimmung. Ganz egal, ob es den gesellschaftlichen Konventionen entspricht, sie bezeichnet sich als "Zorra" (in etwa "Schlampe") und ist stolz darauf. Damit hat sie ein negativ konnotiertes Wort zu einem positiv konnotierten umgeformt, so wie es die queere Community mit dem Wort "queer" tat - Ursprünglich eine Beleidigung, heute Ausdruck von Stolz. Diesen Stolz über die gewonnene Freiheit verkörpert Nebulossa auf der Bühne und küsst ganz nebenher zwei Männer, die ihr rezessiv zu Füßen liegen, Korsett tragen und ihr Sitzfleisch zeigen. Es sind drei Minuten volller Zelebrierung sexueller Selbstbestimmung. Dazu ihr Ehemann in einem Outfit das so bescheuert und uncool aussieht, dass es wieder cool ist. Außerdem bringt es so viel Spaß und Selbstbewusstsein auf Spanisch zu schreien: "Ich bin jetzt eine größere Schlampe als je zuvor!" Das kann man doch nur lieben! Solange alle Beteiligten damit einverstanden sind, lebe so wie es dich glücklich macht.

Es ist keine Frage, dass "Dancing in the Rain" ein großer ESC-Song ist. Mit "La Venda" hat Spanien eine weitere Stimmungskanone. Was ich an diesem Beitrag am meisten mag, ist die Stimmung im Pressezentrum während dieses Auftritts. "Voy a quedarme" ist aus meiner Sicht eine wirklich starke Ballade. Seit Kurzem hat Spanien es geschafft aus der Asche einen Vorentscheid aufzubauen der es in Sich hat. Ich freue mich darauf, was Dieser uns in den nächsten Jahren bieten wird.

Mein Ranking der spanischen Beiträge 2014-2024:


Montag, 27. Mai 2024

ESC 2014-2024 (15/45): Bosnien-Herzegowina

Bosnien-Herzegowina hat in den zehn Jahren seit meinem Hardcore-ESC-Fan-Dasein nur ein mal am ESC teilnehmen können. Der Rundfunk BHRT ist dauerhaft unterfinanziert, kann kaum seine Mitgliedschaft in der EBU stemmen. So kann eine ESC-Teilnahme kaum bezahlt werden.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 31. (2./44./41.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 10. 2016

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 10. 2016

Teilnahmen 2014-2024: 1

Bestes Ergebnis beim ESC: 11. im Semi mit 104 Punkten

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 11. im Semi mit 104 Punkten

Der eine Beitrag, den Bosnien-Herzegowina finanzieren konnte, ist in meinem damaligen Jahresranking auf Platz zehn gelandet. "Ljubav je" ist für mich eine richtig gute Powerballade als Duett. Sie ist musikalisch einfach gelungen. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, außer vielleicht, dass ich unironisch Fan von Fake-Streichinstrumenten auf der ESC-Bühne bin, was sich auch in dieser Post-Serie erkennen lässt. Die Inszenierung auf der Bühne nimmt zwar eindeutig eine Position zu der Fluchtpolitik in Europa zur damaligen Zeit ein, obwohl politische Statements auf der ESC-Bühne verboten sind. Das sei Bosnien-Herzegowina aber verziehen. Schließlich geht es bei Kunst darum, Dinge nicht direkt, sondern verschlüsselt zu sagen. Das kann dann auch immer auf unterschiedliche Weisen interpretiert werden. Wann ein ESC-Beitrag die Grenze des Politisch-Seins überschreitet ist sowieso nicht so eindeutig festzumachen. Vollkommen unpolitisch ist in der Kunst sowieso nichts.


Ich wünsche mir, dass sich die Finanzierungslage des Rundfunks in Bosnien-Herzegowina bessert und das Land wieder regelmäßig beim ESC dabei sein kann, denn in der weiter zurückliegenden Vergangenheit hat es viele bemerkenswerte Beiträge zum ESC geleistet. Bosnien-Herzegowina gehört zu Europa wie andere Länder auch und sollte beim ESC dabei sein.

Mein Ranking der bosnisch-herzegowinischen Beiträge 2014-2024:


Sonntag, 26. Mai 2024

ESC 2014-2024 (14/45): Portugal

Mit dem Festival da Cancao hat Portugal einen Vorentscheid, der von einem ganz speziellen musikalischen Klang geziert ist. Es ist ein Klang der die portugiesische Kultur trägt, insbesondere das so fest in der portugiesischen Seele verankerte Fado. Mit dieser Musik war Portugal bis vor wenigen Jahren beim ESC großer Außenseiter. Doch Portugal lebt das, wofür der ESC da ist. Es zelebritert seine Kultur und Musik, die so einzigartig und es wert ist, der Welt gezeigt zu werden. Auch ich habe Portugal eine große ESC-Tradition zu verdanken. Seit dem ESC 2018 in Portugal backe ich zu jedem ESC (und anderen besonderen Anlässen) das portugiesische Nationalessen Pasteis de Nata. Es ist eines von vielen kulturellen Dingen, die Fest im Leben und Alltag der Portugiesen verankert sind. Das ist der Hauptgrund, warum ich Portugal so sehr mag; es hat eine besonders stark ausgeprägte eigene Kultur und ist sehr stolz darauf. Vielleicht schreibe ich hier mal einen eigenen Post über die Pasteis de Nata. Mein über Jahre optimiertes Geheimrezept gebe ich aber nicht so schnell heraus.

Ich wundere mich darüber, warum ich die portugiesischen Beiträge in den einzelnen Jahren so niedrig gerankt habe. In der Retrospektive sind sie es, die besondere Momente beim ESC kreieren und damit unvergesslich bleiben. Künftig sollte ich zwei mal darüber nachdenken, bevor ich einen portugiesischen Beitrag so schwach bewerte, wie ich es in der Vergangenheit oft getan habe. Dann steigt vielleicht auch Portugal in meinem Länderranking in eine Region, in der ich es viel eher verorten würde. Denn ich sehe unter diesen Beiträgen große Kunstwerke mit einem Mehrwert, den bei weitem nicht alle zum ESC bringen. Ich mag Portugal als ESC-Nation sehr und bin froh darüber, dass sie an ihrem Konzept festhalten.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 32. (28./30./30.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 6. 2014

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 35. 2018

Teilnahmen 2014-2024: 9

Bestes Ergebnis beim ESC: 1. mit 758 Punkten 2017

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 15. im Semi mit 51 Punkten 2019

Mein Top Beitrag aus Portugal ist "Grito". Es ist ein fantastisches Kunstwerk von Musik. Der stetige Aufbau des Liedes, mit seinen unterschiedlichen Phasen, bis er in dem großen Schrei (Grito) mündet. Ein Schrei der schwierigen Emotionen, von denen der Song handelt. Die Inszenierung auf der Bühne dazu ist genau passend verstärkend zu dem Gesungenen. Es ist gar nicht so leicht in Worten zu beschreiben wo ich den Unterschied zwischen den portugiesischen Kunstwerken mache. Dieses hier ist einfach noch intensiver, kleverer, besser als die anderen. Was keinesfalls bedeutet dass die anderen schlecht sind.


Den zweiten Platz macht "Love is on my Side". Das Lied basiert auf einer Begegnung von Bandmitgliedern in einer Bar in Amsterdam. Dort trafen sie eine Sexarbeiterin die von ihrem Leben erzählte. Ein Leben geplagt von Ungerechtigkeiten und Einsamkeit. In der Erzählung versicherte sie aber immer wieder "Love is on my Side". Diese Begegnug beeindruckte The Black Mamba so sehr, dass sie daraus ein Lied schrieben, welches schließlich bis ins ESC-Finale kam. Drei Minuten lang hat Europa gemeinsam an diese Frau gedacht, die stellvertretend für viele stehen kann, an die die Gesellschaft nie denkt. Dieser magische Moment bringt mich immer wieder zum weinen. Bis Heute frage ich mich ob sie das gesehen hat, ob sie das mitbekommen hat, ob sie weiß dass hunterte Millionen Menschen ihrer Geschichte zugehört haben. Ich würde es mir wünschen und ich frage mich wie sie darauf reagierte. Das was "Love is on my Side" geschaffen hat, geht nur beim ESC.

"Ai Coracao" ist drei Minuten voller Freude zu kulturell wertvollen portugiesischen Klängen. Ein Lied das zehn Jahre lang in der Schublade lag und erst zu etwas ganz Besonderem herausgeholt werden sollte, ist auch etwas ganz Besonderes. "Saudade, Saudade" ist ein weiteres großes portugiesisches Kunstwerk. Es ist eine beeindruckende musiklische Verkörperung des großen portugisischen Wortes "Saudade", das nur unzureichend mit "Weltschmerz", "Heimweh", oder "Liebeskummer" übersetzt werden kann. Das Lied transportiert mit seiner ungewöhnlichen Machart genau dieses große Gefühl Saudade, dessen Wort wohl eines der größten sprachlichen Errungenschaften der Menschheit ist.

"Hár um mar que nos Separa" hat eine wundervolle Melodie. Suzy ist mit ihrem "Quero ser Tua" ein ESC-Klassiker und hat mein dreizehnjähriges Ich perfekt angesprochen. Auch "Telemóveis" und "O Jardim" sind tolle Werke mit einem künstlerischen Mehrwert.

Salvador Sobral ist der wohl respektloseste ESC-Sieger aller Zeiten. Alle, die musikalische Kunst nicht genauso machen wie er es tut, werden oder wurden von ihm aufs Schärfste abgewertet. Er hat immer wieder gesagt und gezeigt, dass er den ESC gar nicht mag, und seine Regeln und Konventionen bewusst, wiederholt gebrochen. Schon als ich noch nichts über ihn wusste, fand ich sein Lied mehr langweilig als alles andere. Er als Person nimmt mir aber auch den letzten Rest Freude daran. Auch wenn Salvador Jahre später mit seinen Haltungsweisen wieder etwas zurückgerudert ist, bleibt der fade Geschmack seiner Respektlosigkeit über den ESC und andere Künstler*innen - einfach nur weil sie eine andere Form von Musik machen, als er es tut. Bei diesem kleinen Absatz meiner Meinung zu dieser Sache, soll es dann aber auch bleiben. Denn anders als Salvador es lebt, geht es mir beim ESC darum, Leute ihre Musik, Kultur und anderes zu feiern.

Portugal ist ein Land das Kunstwerke zum ESC schickt, die die portugiesische Kultur und Musik feiern und der Welt näher bringen. Das ist eine echte Bereicherung für den ESC. Es freut mich sehr, dass Europa anscheinend vor wenigen Jahren damit angefangen hat, Portugal dafür zu belohnen. Es ist aber auch ein erarbeiteter Verdienst Portugals, denn die Beitrage sind in ihrer Qualität gestiegen. Ich freue mich drauf, was für Momente dieses Land in Zukunft kreieren wird.

Mein Ranking der portugiesischen Beiträge 2014-2024:


Samstag, 25. Mai 2024

ESC 2014-2024 (13/45): Georgien

Georgien hat sich einen Namen gemacht, als das Land, das Beiträge zum ESC schickt, die ganz anders sind als alle anderen. Oft führt das zu einem schlechten Abschneiden. Aber so wird es mit Georgien nie langweilig.

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 33. (38./31./21.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 2. 2015

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 41. 2016, 2018

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 11. mit 51 Punkten 2015

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 18. im Semi mit 22 Punkten 2022

"Warrior" ist ein Song zu dem ich auch neun Jahre später immernoch voll abgehe. Ich habe keine richtige Erklärung dafür, warum er so gut ist. Was ich daran liebe, ist die düstere Energie, die der Song versprüht und von Nina auf der Bühne noch mal verstärkt wird. Es ist meine Silbermedaille von 2015.


"Keep on going" ist eine sehr gelungene Powerballade der etwas anderen Art. Sie trägt georgische Musikkultur in sich, ohne dadurch langweilig oder altbacken zu werden, wie das bei anderen Beiträgen passiert ist. "Three Minutes to Earth" ist in meinen Augen - ganz ohne Ironie (das muss man bei diesem Beitrag ja dazu sagen) - richtig gute Musik. Ich habe viel Spaß daran das zu hören. Es ist mitreißend und auffrischend zwischen all der Popmusik beim ESC.

Bei "Firefighter" wird ein (achtung Metapher) Feuer auf die Bühne gebracht, dass es nur so brennt. "Echo" Ist eigentlich ein ganz guter ESC-Song, nur ist der Text so schlecht, dass bei mir keinerlei Emotionen dazu aufkommen. Deshalb reicht es nur fürs hintere Mittelfeld. Nachdem Georgien in den letzten zwei Jahren wieder typischere ESC-Beiträge entsendet hat, bin ich gespannt wie es mit dem Land in der Zukunft weitergeht. Eins ist sicher: wir dürfen immer gespannt sein, womit uns Georgien als nächstes überrascht.

Mein Ranking der georgischen Beiträge 2014-2024:


Freitag, 24. Mai 2024

ESC 2014-2024 (12/45): Serbien

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 34. (30./29./31.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 6. 2015

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 33. 2019

Teilnahmen 2014-2024: 9

Bestes Ergebnis beim ESC: 5. mit 312 Punkten 2022

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 11. im Semi mit 98 Punkten 2017

Der Drop von "Beauty never lies" ist einer der großen Eurovision-Momente. So ist dies mein Lieblingsbeitrag aus Serbien. Meine einzige Kritik daran ist, dass der Song zu lange braucht um aus den Puschen zu kommen. Deshalb wundere ich mich jedes Mal dass der Song schon vorbei ist, wenn er gerade erst so richtig begonnen hat.


Leider ist "Goodbye (Shelter)" einer der größten Downgrades zwischen Preview Video und ESC-Auftritt für mich. Wo ist die Leidenschaft hin, mit der Sanja im Preview Video performt hat? Mit dieser Leidenschaft wäre dieser Beitrag für mich ganz wo anders gelandet. Das ist das, woran ich die meiste Zeit denken muss, wenn ich diesen Auftritt sehe. Mit diesem Song und Sanja wäre so viel möglich gewesen, aber so nicht.

"Ramonda" hat etwas kreiert, was nur beim ESC möglich ist. Über Ländergrenzen hinweg verspüren Menschen zeitgleich ihre Verbundenheit, durch gemeinsame geschichtliche Hintergründe. "In Corpore Sano" ist zweifelsfrei ein einzigartiges Kunstwerk, das wichtige Kritik beinhaltet. "Loco Loco" ist ein toller Stimmungsmacher und eine geniale Komposition für seinen Zeitpunkt. Ich bin mit dem falschen musikalischen Hintergrund aufgewachsen, dafür dass der Song bei mir noch stärker zieht als er es tut. "Samo mi se Spava" mag ich, aber der Beitrag gibt mir offensichtlich nicht das, was er manch anderen Leuten gibt. Serbien sehe ich als ein solides Land beim ESC. Es ist nun schon eine ganze Weile her, dass mich ein serbischer Beitrag so richtig begeistert hat, aber ich halte es für gut möglich, dass das bald wieder geschehen könnte.

Mein Ranking der serbischen Beiträge 2014-2024:


Donnerstag, 23. Mai 2024

ESC 2014-2024: (11/45): Rumänien

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 35. (36./37./22.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 2. 2021

Niedringste Platzierung in meinen Jahresrankings: 38. 2015

Teilnahmen 2014-2024: 8

Bestes Ergebnis beim ESC: 7. mit 282 Punkten 2017

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 16. im Semi mit 0 Punkten 2023 

Mein klarer Favorit aus Rumänien ist "Amnesia" von Roxen. Musikalisch ist der Song sehr kraftvoll und tiefgehend! Dessen Inhalt ist aber noch viel wichtiger. Es geht um die Herausforderung in dieser Welt klar zu kommen und Selbstliebe zu entwickeln, wenn du den Eindruck hast, dass alle gegen dich sind. All die anderen Menschen sind durch die Tänzer*innen auf der Bühne gekennzeichnet. Sie tragen Kostüme die einen Preis verdient haben. Roxen wird von ihnen umzingelt umhergeschoben und geschliffen. Sie ist ganz allein, hilflos, zwischen all diesen Dämonen und anderem, das sich gegen sie richtet. Wie soll sie dabei Selbstvertrauen entwickeln und aus diesem finteren Getummel hinausfinden? Zum Ende des Auftritts leuchten auf dem LED-Screen die Worte: "for every shout that went unheard" auf. Dieser Auftritt macht diese Schreie/Rufe hörbar. Die Hilferufe und die der Schmerzen, auch die stillen Schreie. So viele Leute erleben oder erlebten das, was durch dieses Kunstwerk dargestellt wird. Jede Erfahrung von Mobbing, jeder Selbstmord(-Gedanke), und so vieles mehr findet sich darin wieder. Auch beim Nachhören für diesen Post hat mich der Song wieder zu einem schmerzhaften Weinen gebracht. Das ist höchste Kunst, die besonders wertvoll ist wenn sie so etwas thematisiert.

Als Rumänien mit diesem Song im Halbfinale ausschied, war ich untröstlich am Boden zerstört. Ich bleibe trotz der vielen Gegenstimmen bei der Meinung, dass beim Staging die richtige Wahl getroffen wurde. So schlecht war der Gesang gar nicht und die körperliche Anstrengung von Roxen auf der Bühne hält sich in Grenzen. An diesen Beitrag vergab ich 2021 meine Silbermedaille. Er war nah dran an meinem persönlichen Sieger. Ein paar Monate nach dem ESC outete sich Roxen als nicht binär. Unter diesem Hintergrund des Kampfes gegen die Gesellschaft, die einem immerzu aufzeigt falsch zu sein, gewinnt dieser Song über die Schwierigkeiten der Findung von Selbstliebe noch mal mehr an Bedeutung. Danke Roxen!


"D.G.T. (Off and On)" und "On a Sunday" sind Songs mit einer intensiv-mitreißenden und ähnlichen Atmosphäre. Bei "D.G.T. (Off and On)" kommt noch ein genialer Text mit zahlreichen Wortspielen über mehrere Sprachen hinweg dazu. Teile davon finden sich bereits im Titel wieder. Ja, das Staging von "D.G.T." war schlecht, das liegt aber am rumänischen Rundfunk TVR, dessen derzeitiger Umgang mit dem ESC mich nur verständnislos zurücklässt. Auch "Goodbye" finde ich einen starken Song mit guter Inszenierung und verstehe gar nicht was so viele dagegen haben. 2016 wurde der rumänische Rundfunk wenige Tage vor Probenbeginn in Stockholm von der EBU suspendiert, weil TVR durch die Unterfinanzierung seitens des Staates seine Rechnungen zu lange nicht bezahlen konnte. Damit einher ging auch ein Ausschluss vom ESC. Der damalige Beitrag "Moment of Silence" gehörte zu meinem Favoritenkreis. Wenigstens eine gute Sache hatte das zur Folge: die Regierung Rumäniens hat daraufhin die finanzielle Situation von TVR gebessert.

"Yodel it!" ist natürlich legendär, mir aber musikalisch viel zu wenig und nicht stimmungsmachend genug für eine Platzierung weit vorne. Bei diesem Beitrag wurde außerdem der große Fehler gemacht, sich für ein Bühnenkonzept zu entscheiden, gegen das sich die Künstler*innen, die auf der Bühne stehen, weigerten. Das ist nie eine gute Idee. Wer auf der ESC-Bühne steht muss auch hinter dem stehen, was dort passiert, sonst kommt es nicht gut an. Rumänien hat in Sachen ESC derzeit einige Hausaufgaben zu erledigen. Hoffentlich ist bald wieder der Weg frei für tolle rumänische Beiträge mit einem fairen Umgang mit den Künstler*innen.

Mein Ranking der rumänischen Beiträge 2014-2024: