Freitag, 17. Mai 2024

ESC 2014-2024 (4/45): Italien

Italien ist für viele die Lieblings-ESC-Nation, das San Remo Festival das Highlight der Vorentscheids-Saison. Bei mir ist das genau umgekehrt. Ich identifiziere Italien eindeutig als das für mich schwächste Land beim ESC. Deshalb überrascht es mich, dass Italien in dieser Statistik drei Länder hinter sich lassen konnte. Das liegt vor allem an dem einen Beitrag, mit dem Italien mich verzaubert hat...

Platzierung als Nation in meinen Rankings: 42. (45./41./33.)

Beste Platzierung in meinen Jahresrankings: 6. 2022

Niedrigste Platzierung in meinen Jahresrankings: 40. 2017

Teilnahmen 2014-2024: 10

Bestes Ergebnis beim ESC: 1. mit 524 Punkten 2021

Niedrigstes Ergebnis beim ESC: 21. mit 33 Punkten 2014

Das San Remo Festival hat unbestreitbar einen gewissen Musikstil. Dieser Stil ist überhaupt nicht "My Cup of Tea", wie der Brite sagt. Die meiste Musik beim San Remo Festival langweilt mich mehr als dass sie mich unterhält. So ist das auch mit den Beiträgen, die schließlich zum ESC geschickt werden. Da bleibt dann oft nur einer der letzten Plätze, oder sogar der letzte Platz in meinem Ranking übrig. Zwar gibt es meistens ein bis drei Beiträge beim San Remo Festival, die mich berühren, diese gewinnen aber nicht. 2022 war das einmalig anders. Mit "Brividi" gewann ein Werk, bei dem ich überlegte es auf mein Podest zu platzieren. Italien! Auf dem Podest! Das habe ich vorher nicht für möglich gehalten. Der Auftitt im ESC-Finale am Samstag Abend war leider der wohl schlechteste Auftritt den es von diesem Lied jemals gab. Das Juryfinale am vorabend soll einwandfrei gelaufen sein. Davon ist aber kein offizielles Video öffentlich. Deshalb basiere ich meine Bewertung des Beitrags auf dem Live Auftritt vor dem großen Publikum. Dort landeten die Töne leider überall, nur nicht da wo sie sein sollten und so wurde es in meinem Ranking Platz 6. Den Auftritt vom ESC möchte ich mir deshalb eigentlich gar nicht anhören. Deshalb schalte ich immer wieder die Version des Vorentscheides ein, oder auch das Musikvideo, welches das Kunstwerk noch mal mit anderen Komponenten bereichert. So gebe ich mich dieser emotionsintensiven Welt von "Brividi" hin.

Ich könnte ewig von diesem Kunstwerk schwärmen. Über den Text könnte ich eine seitenlange Analyse schreiben die von vorne bis hinten verzaubert. Fast jede einzelne Textzeile löst bei mir Gänshaut aus. Die Textzeilen zusammen betrachtet dann noch mal mehr. In Perfektion getragen wird dieser wundervolle Text von einem musikalischen Arrengement das unter die Haut geht. Ja, ich hatte schon beim ersten Hören des Liedes Gänsehaut, und wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal was der Titel "Brividi" bedeutet, geschweige denn was die Geschichte des Liedes ist. Das Highlight ist aber weder der Text, noch die Musik, sondern wie harmonisch und sich gegenseitig verstärkend, sich Musik und Text ergänzen. Zum Dahinschmelzen...

"Gänsehaut", das ist der Titel des Liedes. (Anmerkung: Nach meinem Wissen bezeichnet "Brividi" nicht die Gänsehaut an sich, sondern die einzelnen kleinen gewölbten Punkte der Haut, die bei einer Gänsehaut entstehen. Für Diese gibt es in der deutschen Sprache meines Wissens kein eigenes Wort, weshalb sich der Titel nur unzureichend mit "Gänsehaut" übersetzen lässt. Wer genau auf den Text schaut, erkennt jedoch, dass es wichtig ist, dass nicht von "Gänsehaut", sondern von den einzelnen Punkten, also den "Brividi" gesungen wird.) Es geht um Gänsehaut, und Gänsehaut ist auch das was der Song bei mir auslöst. Das ist für mich höchste Kunst, wenn Kunst (egal ob es sich um Musik, Literatur, Schauspiel o.a. handelt) es schafft, ein Gefühl, oder ein Erleben über das es berichtet, nicht nur sachlich verständlich, sondern auch so zu transportieren, dass die Konsumierenden der Kunst, das beschriebene Erleben (hier die Gänsehaut) selber haben. Dieses Lied erreicht für mich deshalb die höchste Stufe der Kunst.

Auch viele Tränen habe ich schon über dieses Lied verdrückt. Das Verhältnis der beiden Lyrischen Ichs ist herzzerreißend. Der Eine kann den anderen nicht lieben weil er selbst sich nicht liebt und deshalb die Liebe anderer nicht zulassen kann. Auch wenn es sich dieses Mal für ihn richtig anfühlt, muss er dies dem anderen gestehen und ihn verletzt nackt auf dem Bett mit "Brividi" zurücklassen. Schmerz auf allen Seiten. Ein Drama, schmerzhafter als Romeo und Julia. Vom Musikvideo habe ich noch gar nicht angefangen zu reden... Damit das hier nicht zu lang wird, beende ich meine Schwärmerei an dieser Stelle. Abschließend möchte ich noch eine viel diskutierte Frage klarstellen: Blanco ist selbstverständlich der bessere Part von diesem Duo. 😉


Ich möchte diesen Post nicht beenden, ohne "La mia Città" erwähnt zu haben. Der Beitrag gehört nicht zu meinen ESC-Lieblingen, hat aber in der Zeit nach dem ESC bei mir gezündet. Die spezielle Art von Energie die Emma 2014 auf die ESC-Bühne brachte ist ein Stück weit irgendwie ikonisch. Ich schaue mir den Auftritt nur sehr selten, dann aber gerne an. Die übrigen Beiträge Italiens sind für mich kaum der Rede wert. Ich bin immernoch ein wenig geschädigt dadurch, dass 2021 mit Italien mein letzter Platz gewann, der auch in diesem Ranking wieder den letzten Platz belegt. In Sachen Italien scheine ich meistens umgekehrt zur Allgemeinheit auf die Kunst zu reagieren.

Mein Ranking der italienischen Beiträge 2014-2024:



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